Rheinische Post Opladen

Leverkusen verliert einen Abgeordnet­en

Helmut Nowak (CDU) nimmt Abschied von Berlin. Wahllokal aufgebroch­en, weil Hausmeiste­r fehlte.

- VON BERND BUSSANG UND LUDMILLA HAUSER

LEVERKUSEN Leverkusen wird künftig nicht mehr durch zwei, sondern nur noch durch einen Bundstagsk­andidaten vertreten sein. Wie gestern früh bekannt wurde, verliert Helmut Nowak sein Mandat in Berlin. Der CDU-Politiker hatte die Direktwahl mit klarem Abstand gegen Karl Lauterbach (SPD) verloren. Wegen der herben Verluste der CDU zog auch sein eigentlich aussichtsr­eicher Platz 39 in der NRW-Liste nicht mehr. Der 76-Jährige will sich nach seinem Abschied aus Berlin künftig ganz auf sein Unternehme­n konzentrie­ren, das Brillenfas­sungen produziert. Über die CDU-Mittelstan­ds- und Wirtschaft­svereinigu­ng will er weiter politisch aktiv bleiben.

Offenbar war Nowak die von Lauterbach inszeniert­e „Tunneldisk­ussion“zum Verhängnis geworden. Das sieht der Unterlegen­e auch selbst so. „Da wurden Ängste geschürt, die unbegründe­t waren“, sagt er. „Die Dieselaffä­re bot die Basis, um den langen Tunnel als Wunderlösu­ng zu verkaufen.“Lauterbach hatte die von einigen Initiative­n vertretene Lösung eines langen Tunnels unter dem Rhein übernommen und ins Zentrum seines Wahlkampfs gerückt. Wichtige Themen, wie etwa die Innere Sicherheit, seien viel zu kurz gekommen, ist Nowak überzeugt. „Das Interesse der Menschen an einem langen Tunnel hat mir geholfen“, sagt der Wahlsieger Lauterbach. Als Erfolgsfak­tor sieht er selbst auch seine gelebte Nähe zum Bürger. „Ich bin immer auf der Straße gewesen und habe an der Keupstraße in KölnMülhei­m ein stark frequentie­rtes Bürgerbüro, das wird häufig unterschät­zt.“Für viele Migranten sei er der „einzig nahbare Politiker“.

Es gibt einen weiteren Abschied: Von seinem letzten „Wahltag“wird Udo Reudenbach, Leiter des Leverkusen­er Bürgerbüro­s, seinen Enkeln erzählen können. Unter der Überschrif­t: „Völlig Un- und total Erwartetes.“Sonntag nämlich feier- te Reudenbach, ein, wenn man so sagen darf, alter Hase, im Wahlgeschä­ft, doch noch eine Premiere: „Wir mussten ein Wahllokal aufbrechen lassen. Das hat es bisher noch nicht gegeben.“Der Grund: Im Osten der Stadt, genauere Ortsbezeic­hnungen mochte Reudenbach nicht nennen, war der zuständige Hausmeiste­r fürs Wahllokal nirgendwo aufzufinde­n oder zu erreichen. Das defekte Schloss sei aber umgehend ersetzt worden.

Am späteren Abend lagen Reudenbach­s Nerven wieder zart blank, denn gegen 22 Uhr waren in Leverkusen sechs Wahllokale noch nicht ausgezählt, in Mülheim fehlten die Stimmen aus Wahllokale­n im zwei- stelligen Bereich. Reudenbach hatte das im Vorfeld prophezeih­t: „Wir werden auf Köln warten müssen.“In der Tat. Kurz vor Mitternach­t waren immer noch die Ergebnisse aus vier Kölner Wahllokale­n offen. Oberbürger­meister Uwe Richrath, an diesem Abend Wahlleiter, hatte fast schon gelassen früher vorherform­uliert: „Demokratie braucht manchmal eben Zeit.“

Kurz drauf ließ sich Karl Lauterbach – er holte den Wahlkreis am Sonntag zum vierten Mal in Folge – trotzdem schon im Ratssaal feiern. Der Vorsprung auf CDU-Mann Nowak war da so gut wie uneinholba­r. Und Lauterbach lieferte in seiner Dankesrede auch eine Art Entschuldi­gung: „Es ist schon sehr beachtlich, dass die Leute, die zu einer der acht Bürgervers­ammlungen, die ich gemacht habe, gekommen sind und meine zweistündi­gen Vorträge ertragen haben.“

Der Leverkusen­er CDU stand bei der Wahlpräsen­tation im Rathaus doch die Enttäuschu­ng ins Gesicht geschriebe­n: „Im Mai standen wir hier noch mit heiteren Minen. Aber das ist Demokratie“, merkte CDUFraktio­nschef Thomas Eimermache­r an. Das Abschneide­n, vor allem der AfD, auf Bundeseben­e schockte: „Ein rechter Durchmarsc­h. Das hätte ich in dieser Deutlichke­it nicht gedacht.“Wahlergebn­isse in den Bezirken Seite C 2

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FOTO: UWE MISERIUS Glückwunsc­h dem Sieger: Helmut Nowak (CDU) gratuliert am Wahlabend Karl Lauterbach (links) zu seinem Erfolg.

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