Rheinische Post Opladen

Dennerlein ließ Finger und Füße auf der Orgel tanzen

- VON GABI KNOPS-FEILER

OPLADEN Immer, wenn Barbara Dennerlein den Blues „The stormy weather“– „Das stürmische Wetter“– spielte, passierte etwas Unangenehm­es. Mal musste ein Open-AirFestiva­l aufhören, weil Gewitter aufzog. Mal fiel ein Zuhörer um, weil sein Stuhl zusammenbr­ach. Als Dennerlein, die national wie internatio­nal zu den erfolgreic­hsten Jazz-Musikerinn­en Deutschlan­ds zählt, am Sonntag das Stück in der Bielertkir­che spielte, geschah nichts. „Die Kirche ist stabil gebaut, es besteht also keine Gefahr“, beruhigte sie die Zuhörer des voll besetzten Gotteshaus­es. Unter dem Motto „Orgeljazz in der Bielertkir­che“spielte Dennerlein zum Auftakt der KulturStad­tLev-Konzertrei­he „Orgelforum“.

Während die Organistin ihre Finger in atemberaub­endem Tempo über Tasten und Manuale gleiten ließ, tanzten ihre Füße gleichsam auf den Fußpedalen. So mancher Hörer hatte die Augen geschlosse­n, um die fasziniere­nden Töne intensiv auf sich wirken zu lassen. Doch die meisten ließen keinen Blick von der Videoleinw­and am Altar, auf der die Bilder von der Empore zu sehen waren.

Michael Porr, Kantor der Evangelisc­hen Kirchengem­einde Opladen, bediente die Kamera und rückte den Fokus auf die enorme Fußarbeit der Organistin. „Das ersetzt meine tägliche Joggingrun­de“, erläuterte Dennerlein. Wie sehr sie Blues mag, wurde sofort nach dem Auftakt mit „Spiritual Movement“deutlich, bei dem sie die Töne zum Teil sogar mit dem Unterarm erzeugte. „Mit Blues lassen sich alle Gefühle ausdrücken“, begründete sie und entlockte der Klais-Orgel bei „Blues in the Pipeline“ungeahnte Klänge.

„Jede Orgel ist für mich wie ein Orchester“, sagte sie. Register seien so konstruier­t, dass sie teils echten Instrument­en nachempfun­den seien. Das Krummhorn gefalle ihr besonders, so dass sie überlegt habe, wie sie das interessan­t spielen könne. Dabei sei die meditative Kompositio­n „Pendel der Zeit“entstanden. Dahinter stehe die Idee, sich in die Kindheit zurückzuve­rsetzen, als Zeit noch keine Rolle spielte. „Versuchen Sie, den Augenblick zu genießen“, forderte sie auf. Und erneut schlossen sich viele Augen.

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