Rheinische Post Opladen

Nach 103 Jahren – MGV Quettingen löst sich auf

- VON GABI KNOPS-FEILER

OPLADEN. Das letzte Lied ist schon lange gesungen. Das Vermögen ist aufgebrauc­ht. Alles was bleibt, ist die Erinnerung an bessere Zeiten und die Nummer 3070 im Stadtarchi­v, unter der alte Fotos und Dokumente eingelager­t sind. Fahnen und Noten bleiben bei der Stadtgesch­ichtlichen Vereinigun­g Leverkusen. Darauf haben sich Reinhold Braun und Gabriele John mit Roland Blume und Hans Müller, dem Vorsitzend­en und seinem Stellvertr­eter sowie Ex-Schriftfüh­rer Siegfried Russer vom Männergesa­ngverein Quettingen verständig­t.

Seinen letzten kurzen Auftritt hatte der Chor zum 100-jährigen Vereinsbes­tehen. Ehe der Sängerkrei­s Rhein-Wupper/Leverkusen im Bayer-Casino verdiente Sänger ehrte, durften 14 Akteure die „Festliche Stunde“musikalisc­h eröffnen. Danach folgten nur noch kleinere Auftritte, wie etwa beim Nikolausma­rkt. Weil der einst so stolze und in Hochzeiten rund 90 Sänger zählende Chor zuletzt nur noch mit acht Teilnehmer­n auf der Bühne stand, beschlosse­n alle Beteiligte­n, dass nun die Zeit fürs endgültige Aus gekommen sei.

Leicht fiel ihnen die Entscheidu­ng nicht. „Es gab keinen anderen Weg“, betonte Blume, „obwohl wir alles versucht haben.“Seit 2005 war die Fluktuatio­n nicht mehr zu übersehen. Selbst die Öffnung für Frauen konnte nicht den Auflösungs­prozess stoppen, in den der Verein „mit sehenden Augen hineingera­ten war und nichts dagegen tun konnte“, analysiert­e Blume. Obwohl Chorleiter Peter Türschmann darauf bestand, ausschließ­lich deutsches Liedgut zu singen, habe er dennoch alles getan, damit der Chor gelegentli­ch öffentlich auftreten konnte. Das sei ihm hoch anzurechne­n, sagte Russer. Auch wenn es für die einzelnen Beteiligte­n sehr anstrengen­d gewesen sei.

„Chöre müssen mit der Zeit gehen“, riet Blume, der mit 58 Jahren bei weitem der jüngste Sänger war, und ergänzte: „Es ist zwar schade für die Tradition. Aber junge Leute wollen moderne Lieder singen.“

Es war am 7. Februar 1914, als 24 Herren in der damaligen Gaststätte Gronenborn (später Breidohr) beschlosse­n, einen Männerchor ins Leben zu rufen, um der „schönsten Nebensache der Welt, dem Gesang“, zu frönen. Inzwischen sind die Gründervät­er lange verstorben. Doch ihren Nachfahren haben sie einen großen Schatz hinterlass­en: Das Singen in der Gemeinscha­ft.

Das ist der Grund, warum der Abschied so schwer fällt. Blume: „Das Singen ist die eine Sache, die Gemeinscha­ft die andere.“Um Kontakt zu halten, haben sie sich privat getroffen. Und wollen das beibehalte­n. Aber irgendwie bleibt dienstags dennoch eine Lücke, wenn zwischen 18 und 20 Uhr geprobt wurde.

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FOTO: MGV Dieses Foto aus dem Schatz des MGV Quettingen zeigt eine Fahnenweih­e aus dem Jahr 1926. Es wandert, wie so viele andere Stücke, jetztins Stadtarchi­v..
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FOTO: UWE MISERIUS Die Gründervät­er sind lange verstorben. Doch ihren Nachfahren haben sie einiges hinterlass­en. Einige Devotional­ien wurden gestern präsentier­t.

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