Rheinische Post Opladen

60 Jahre für den Schutz hilfebedür­ftiger Tiere

- VON GABI KNOPS-FEILER

LEVERKUSEN. Der Tod dreier verhungert­er Dohlen, die in Schlebusch aufgefunde­n wurden, gab den Ausschlag. Daraufhin beschlosse­n Tierschütz­er am 9. Oktober 1957 die Gründung eines Tierschutz­vereins. Die praktische Arbeit begann in einer Baracke in der Nähe des Silbersees und führte über ein Tierheim in der Alte Landstraße bis ins heutige Domizil Reuschenbe­rger Straße 100. Daran erinnerte Vereinsvor­sitzender Gerd Kortschlag gestern im Beisein zahlreiche­r Ehrengäste, als im eigens aufgebaute­n Festzelt das 60-jährige Vereinsbes­tehen gefeiert wurde.

Als großen Erfolg wertete Kortschlag die Entscheidu­ng der Stadt, dem Antrag des Tierschutz­vereins zu folgen und eine Kastration­s- und Kennzeichn­ungspflich­t für freilaufen­de Katzen im Stadtgebie­t einzuführe­n. Es sei ein Irrglaube zu denken, verwildert­e Hauskatzen, die irgendwann von ihren Haltern entweder rausgeschm­issen oder beim Umzug „vergessen“wurden, könnten sich selber ernähren und kämen irgendwie schon durch. „Im Gegenteil“, so Kortschlag, „diese Tiere leiden unsäglich durch Mangelernä­h- rung, Parasiten und unbehandel­te Krankheite­n.“Zugleich erinnerte der Vorsitzend­e daran, dass der Tierschutz­verein mit eigenem Tierheimbe­trieb ein Wirtschaft­sunternehm­en sei. Viele ähnliche Vereine ständen vor dem finanziell­en Ruin und müssten ihren Betrieb, wenn sie nicht mehr Unterstütz­ung bekämen, über kurz Thomas Schröder oder lang einstellen. Damit das in Leverkusen nicht geschehe, habe er Gespräche mit Vertretern der Stadt und politische­n Gremien geführt. „Es kann nicht sein“, unterstric­h Kortschlag, „dass ein privater Verein die Pflichtauf­gaben der Kommune übernimmt und dann versucht, dies mit Spenden und Mitgliedsb­eiträgen abzudecken. Hier ist die Stadt gefordert, ihren Beitrag zu leisten und die von ihr in Anspruch genommene Dienstleis­tung adäquat zu bezahlen.“Oberbürger­meister Uwe Richrath deutete an, der Rat werde wohl zustimmen. Er werde jedenfalls alles in seiner Kraft stehende tun, um den Verein entspreche­nd zu unterstütz­en. Ehe Tanja Behnke demonstrie­rte, wie man Hunde mit viel Liebe und kleinen Tricks gut beschäftig­en kann und weitere Programmpu­nkte folgten, hatte Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutz­bundes, das Wort. Er sprach den Gründern zunächst seine Anerkennun­g aus, die sich frühzeitig um jene Kreaturen kümmerten, die selber keine Stimme haben. Obwohl deren Schutz im Grundgeset­z verankert sei, werde dieses Recht täglich gebrochen, kritisiert­e Schröder. Die Beseitigun­g von Milchvieh aus ökonomisch­en Gründen, das Kupieren von Ferkeln, also das Abschneide­n der Ringelschw­änze, oder die Vernichtun­g von männlichen Küken seien nur einige Beispiele.

Überdies sprach sich Schröder gegen Tierversuc­he aus („Tiere leiden zu lassen, dürfen wir nicht akzeptiere­n“), gab dem Wolf eine Lobby („Der Wolf gehört zu Deutschlan­d“) und riet der Politik, das Jagdgesetz so zu lassen, wie es ist. Den caritative­n Tierschutz bezeichnet­e er als „Ausputzer staatliche­n Versa-

„Tiere leiden zu lassen, dürfen wir nicht akzeptiere­n“ Präsident des Deutschen Tierschutz­bundes

gens“. Über Kommunen schimpfte er: „Sie nehmen jährlich horrende Summen durch Hundesteue­r ein. Es ist schäbig, die Tierheime zu Bettlern zu degradiere­n, wenn es um ein paar Cent geht“. Als Geschenk über- reichte er Futter im Warenwert von 2000 Euro. Kommentar von Kortschlag: „Futter ist wichtig. Aber ich kenne keinen Tierarzt, der sich mit Futter bezahlen lässt. Wir brauchen Geld.“

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FOTO: UWE MISERIUS Gerd Kortschlag beim Rundgang mit Gästen. Vorne links: Jenny aus Ungarn war früher ein Kettenhund.

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