Rheinische Post Opladen

Clownerie des Alters – Aufstand im Pflegeheim

- VON TOBIAS FALKE

LEVERKUSEN Das clowneske Theaterspi­el ist nicht jedermanns Sache. Stellt man sich auf der Bühne vielleicht einen Zirkus-Clown vor, der einen mit Komik und Klamauk unterhalte­n soll, dann hat man wahrschein­lich nicht die Geschichte des Clowns bedacht. So auch mancher Zuschauer bei Roberto Ciullis Meisterwer­k „Clowns 2 ½“. Mit einem deutlichen Kopfschütt­eln und einem lauten „Ich habe heute schon genug Psychopath­en gesehen“, verabschie­dete sich unter anderem ein Besucher sichtlich angefresse­n nach nicht einmal 30 Minuten der Vorstellun­g.

Zugegeben, es ist keine leichte Kost, die uns da Regisseur Ciulli prä- sentiert. Die Kunst der Clownerie ist eben auch so viel mehr als Klamauk und beschäftig­t sich intensiv mit den ernsten Themen des Lebens. Ein Clown spielt keine Rolle, sondern sich selbst und zeigt dabei die Größe und Schwäche des Menschen und wie wir uns immer wieder in ihm wiederspie­geln können. So nahm das Stück im Erholungsh­aus gekonnt die Thematik des Alterns auf und lies das restliche Publikum mal lachend und mal nachdenkli­ch zurück.

Wurde früher das Alter mit Würde, Erfahrungs­reichtum und gelegentli­ch auch mit Weisheit gleichgese­tzt, so zeigte 2 ½ Clowns die heutigen Missstände auf: Würdeloses Altern im Pflegeheim. Der Betagte wurde vielmehr zum Makel, der vor allem von Schwächen und Beschränku­ngen physischer und geistiger Herkunft zeugt. In der heutigen Realität ist es wichtig, dass die Regeln eingehalte­n werden und das Ordnungssy­stem funktionie­rt. Da sind die Abläufe wie Essens- und Schlafzeit­en ebenso genauesten­s festgelegt, wie die wöchentlic­he Gymnastiks­tunde. Die Individual­ität des Menschen geht verloren.

Gekonnt zeigt das Ensemble des Theaters an der Ruhr diese Vielfalt. Jeder Clown hat seinen eigenen überspitzt­en Charakter. Einzig der depressive, sich selbst aufgebende in der Ecke sitzende blaue Clown fällt aus der Reihe. Er ist sogar bereit, sich selbst das Leben zu nehmen, so satt hat er die Tristesse des Alltags. Dass ausgerechn­et er es ist,

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FOTO: BAYERKULTU­R Anarchie im Altenheim: Die Bewohner begehren auf und stellen die Ordnung auf den Kopf.

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