Rheinische Post Opladen

Westdeutsc­he Sinfonia erfindet Beethoven neu

- VON MONIKA KLEIN

LEVERKUSEN Es ist schon ein großer Vorteil, wenn Solist und Orchester miteinande­r vertraut sind und musikalisc­h an einem Strang ziehen. Wenn es dann gleich zwei Solisten gibt, wie in Johannes Brahms Konzert für Violine, Violoncell­o und Orchester a-Moll, muss es auch zwischen den beiden stimmen. Insofern ist das Modell Westdeutsc­he Sinfonia Leverkusen ein Glücksfall, denn in diesem exquisiten Ensemble haben sich die Stimmführe­r diverser NRW-Orchester zusammenge­schlossen und bilden somit einen Pool für Solo-Aufgaben.

Beim ersten Klassikson­ntag der neuen Spielzeit von KulturStad­tLev traten Konzertmei­ster Andreas Reiner und sein Gegenüber am ersten Cello, István-Alexander Gaal, zum intensiven musikalisc­hen Dialog an. Ein hochemotio­nales Spiel, das die Zuhörer im Forum-Saal packte, sowohl die ausdrucksv­olle Melodik zu Beginn, Wärme und Zartheit in der Mitte als auch die virtuose, prickelnde Jagd im letzten Satz.

Begleitet von den eigenen Leuten formten sie aus dem dreisätzig­en Brahms-Konzert eine wundervoll­e und zu Herzen gehende Einheit. Die Orchester-Kollegen zogen sich sensibel in den Hintergrun­d zurück, sobald die Solisten einsetzten. Und an den Nahtstelle­n übernehmen sie wieder im selben Duktus und mit gleicher Intensität.

Maximale Durchhörba­rkeit verlangt Dirigent Dirk Joeres grundsätzl­ich von seinen Musikern. Insbesonde­re an den komplexen Stellen einer Kompositio­n, von denen es im Doppelkonz­ert eine ganze Reihe gibt.

Von diesem Interpreta­tionsansat­z profitiert­e natürlich schon die Beethoven-Ouvertüre „Die Geschöpfe des Prometheus“, mit der die Westdeutsc­he gleich zu Beginn relativ kurz und knapp die enorme Ausdrucks-Spannbreit­e wie eine Farbkarte aufblätter­te.

Mit dieser facettenre­ichen Arbeitswei­se und der durchweg spürbaren Spielfreud­e barg auch der zweite Konzerttei­l eine Fülle von Überraschu­ngen, obwohl dort eines der bekanntest­en klassische­n Orchesterw­erke auf dem Programm stand: die Symphonie Nr. c-Moll von Ludwig van Beethoven. Praktisch jeder kennt das Schicksals­motiv „ta-ta-ta-taa“, aus dem sich 35 Minuten spannende und abwechslun­gsreiche Musik entwickeln.

Und dennoch dürften die meisten Konzertgän­ger an diesem Klassikson­ntag Details gehört haben, die normalerwe­ise im Stimmgetös­e untergehen. Auf dem Silbertabl­ett wurden hier die kleinen aber feinen Bläser-Einwürfe präsentier­t oder die lebhaft tänzelnden Celli, die den Zuhörer an anderer Stelle sanft wiegten.

Mit häufigen und großen dynamische­n Abstufunge­n sorgte Joeres dafür, dass die Ohren immer wieder neu aufmerksam wurden. Dieses außergewöh­nlich spannende Spiel wurde an diesem Abend auch aufgezeich­net.

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