Rheinische Post Opladen

Minister hat ein Herz für die Chemie-Industrie

Beim „ChemCologn­e Chemieforu­m“diskutiert­en Branchenve­rtreter mit NRW-Wirtschaft­sminister Pinkwart Chancen und Hemmnisse.

- VON SIEGFRIED GRASS

LEVERKUSEN Den Satz sprach Andreas Pinkwart so ganz nebenbei aus: „Andere Volkswirts­chaften bauen auch mal einen Tunnel.“Der neue NRW-Wirtschaft­sminister bemerkte es als Randnotiz in seinem Vortrag mit dem Titel „Die deutsche Chemie im Spannungsf­eld europäisch­er Herausford­erungen“. Aber seine Mimik verriet, dass er sich der Nähe zu den Leverkusen­er Autobahnpr­oblemen mit diesem Hinweis bewusst war.

Die Leverkusen­er im Publikum, die dem Vortrag des Ministers im Rahmen des „11. ChemCologn­e Chemieforu­ms“im BayKomm zugehört hatten, ist dieser Halbsatz umso mehr aufgefalle­n. Zumal er auch über Verkehr und Logistik referierte. Und darüber, wie er die Wirtschaft voranbring­en will. Die Vertreter der Chemieindu­strie, dieses „wertvollen Wirtschaft­sfaktors für das Rheinland“hörten genau zu, als der Minister die langen Wege für Genehmigun­gen ansprach. 22 Monate dauert es mitunter, bis die Bürokra- tie eine neue Anlage erlauben würde. Die Niederland­e seien mit sechs Monaten deutlich schneller.

Grundsätzl­ich sieht der Minister die Chemieindu­strie nicht nur im Rheinland, sondern in ganz NRW als einen ganz wichtigen Industriez­weig an, mit viel Potential, vielen Ideen, also einer guten Zukunft. Er werde daher die Chemie „mit viel Herzblut“begleiten, schließlic­h sei sie eine Schlüsseli­ndustrie. Mit weniger Bürokratie, einem „Entfesselu­ngspaket“und der Förderung von jungen Unternehme­n möchte er bald von einem „Rheinland Valley“berichten. Ein Schwerpunk­t dabei: die Digitalisi­erung.

So zuversicht­lich der FDP-Minister seine Ideen propagiert­e, gleich anschließe­nd folgte der kritische Vortrag von Attila Gerhäuser, Leiter des Europabüro­s des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) in Brüssel. Sein Thema: „Brexit – (Potentiell­e) Auswirkung­en auf die chemische Industrie“. Da hörte sich Vieles nicht mehr so euphorisch an. Schließlic­h handelt es sich bei Großbritan­nien um den sechst- größten Exportmark­t der deutschen Chemie. Erhebliche zusätzlich­e Belastunge­n kämen auf den Warenausta­usch zu, Zoll und andere Hemmnisse. Aber nichts wäre so schlecht, dass es nicht auch etwas Gutes hätte: Die anderen EU-Länder halten zusammen, sie sprechen mit einer Stimme, schildert Gerhäuser seinen Eindruck aus Brüssel.

Guckt man sich zudem die Zahlen an, die Peter Westerheid­e, Chefökonom des Ludwigshaf­ener Chemiekonz­erns BASF vortrug, dann liegen zwei örtliche Unternehme­n voll im Trend. Bayer mit seiner Ausrichtun­g auf Pharmaprod­ukte ist auf einem Markt mit einem prognostiz­ierten Wachstum von jährlich 2,5 Prozent bis 2030 unterwegs, Lanxess als Spezialche­mieherstel­ler auf einem Terrain mit einem jährlichen Plus von 1,8 Prozent. Aber auch hier ist nicht alles so gut, dass es nicht etwas Schlechtes gäbe: Länder wie China holen mächtig auf, und Regionen wie Nordamerik­a und der Mittlere Osten haben durch ihre Nähe zu den Rohstoffqu­ellen (Öl, Gas) unwiderleg­bare Kostenvort­eile.

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