Fußball-Spektakel in Dortmund
Fünf Treffer, zwei Platzverweise, zwei Tore per Elfmeter – die Teams bieten den 80.100 Fans beste Unterhaltung. Am Ende beendet der Gast aus Leipzig mit dem 3:2-Erfolg die imponierende BVB-Serie von 41 Heimspielen ohne Niederlage.
DORTMUND Ralf Rangnick lehnte entspannt an der Wand. Leipzigs Sportdirektor sprach von einem „völlig normalen Auswärtsspiel“. Durch seine Ergänzung wurde klar, dass er nicht den Auftritt der Fußballprofis während der 95 Spielminuten meinte. Der war spannend, unterhaltsam, spektakulär – und das ist nicht die Regel in der Bundesliga. „Im Vergleich zum April blieben auch die Banner im Rahmen“, sagte Rangnick. Kurz vor Anpfiff tauchten auf der Südtribüne zwar in ihrer Formulierung manchmal grenzwertige Parolen auf, aber diese waren längst nicht so hasserfüllt wie vor einem halben Jahr.
Einer, der nicht auf der Welle der Begeisterung mitschwamm, war Peter Bosz. Kein Wunder. Der Niederländer ist seit Saisonbeginn Trainer in Dortmund und musste mitansehen, wie Leipzig die Gastgeber nach 41 Heimspielen ohne Niederlage wieder als Verlierer vom Platz schickte. „Es war spannend, aber es war kein guter Fußball“, meinte Bosz. Am 4. April 2015 hatte der FC Bayern mit 1:0 gewonnen.
Dabei begann die Partie perfekt für die Dortmunder. Der Österreicher Stefan Ilsanker, mit einem gebrochenen Zeh von der Nationalmannschaft zurückgekehrt, verstolperte den Ball – und Pierre-Emerick Aubameyang bedankte sich mit seinem neunten Saisontor. Doch die Leipziger Profis machten ihren Trainer Ralph Hasenhüttl „stolz“. Immer wieder setzten sie ihre Gegenspieler unter Druck, verhinderten, dass Dortmunds Spiel Struktur gewinnen konnte, setzten Nadelstiche mit ihren schnellen Spielern. „Wir haben nicht den freien Mann gefunden, den Ball stattdessen immer wieder quer und zurück zum Torwart gespielt“, kritisierte Bosz.
Der Vizemeister deckte eine weitere Schwachstelle auf: Borussias Abwehr, in der gleich vier Außenverteidiger wegen Verletzungen fehlten, hat nicht das Niveau eines Spitzenteams. Vor allem Jeremy Toljan war überfordert. Als ihn Bosz zur Pause auswechselte, gingen zwei Treffer auf sein Konto. Bei Marcel Sabitzers 1:1 verlor Toljan das Kopfball-Duell mit Marcel Halstenberg, beim 1:2 ließ er sich vom Portugiesen Bruma vorführen, der dann auch noch Torhüter Roman Bürki tunnelte. Yussuf Poulsen vollendete die Aktion.
Als Julian Weigl, gerade eingewechselt, den Ball vertändelte und Sokratis den Leipziger Jean-Kévin Augustin festhielt, warf dies die Gastgeber zurück. Der Grieche sah Rot, Augustin verwandelte den Strafstoß zum 3:1. Auch beim zweiten Elfmeter nutzte Schiedsrichter Deniz Aytekin den Videobeweis. Aubameyang, von Dayot Upamecano am Fuß getroffen, verwandelte souverän. Der Gabuner, zuvor bei zwei Chancen nicht zielstrebig genug, hatte in der Nachspielzeit das 3:3 auf dem Fuß. Doch Torwart Peter Gulasci war zur Stelle, und Andrej Yarmolenkos Nachschuss verfehlte das leere Tor.
„Wenn man hier gewinnt, dann muss man einiges richtig gemacht haben. Wir haben immer an uns geglaubt und sind mutig aufgetreten“, sagte Tainer Hasenhüttl, der nach dem Abpfiff ausgelassen über den Rasen hüpfte. Es war ein Ausrufezeichen seiner Mannschaft, die in der Liga für neue Spannung sorgte und es sich selbst schwermachte, da Ilsanker zunächst Mario Götze umrannte, zwei Minuten später Aubameyang festhielt und nach einer Stunde vom Platz gestellt wurde.
„Verpisst Euch!“, stand im Aufruf der Ultras für den Protestmarsch. Rund 2000 zogen zum Stadion, zeigten als Anhänger des einzigen börsennotierten Bundesligaklubs ihre Abneigung gegen den „Kommerzklub Leipzig“. Es blieb, anders als im April, als es Jagdszenen auf Gästefans und Verletzte gegeben hatte, friedlich. Damals waren rund 8000 Leipziger Fans gekommen, diesmal machten sich nur 3000 auf den Weg, an dem rund 1000 Beamte (im April rund 300) im Einsatz waren und für ein „normales“Spiel sorgten.