Rheinische Post Opladen

Beim EU-Gipfel in Brüssel zeigt sich die Bundeskanz­lerin zuversicht­lich, dass bei den Brexit-Verhandlun­gen schon bald ein Durchbruch gelingt. Ihren Optimismus teilen jedoch nur wenige.

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werde es ohnehin noch viel schwierige­re Verhandlun­gen geben, sieht die Kanzlerin voraus: „Die Verwebunge­n zwischen Großbritan­nien und dem Rest der EU sind doch sehr intensiv.“

Das hörte sich bei dem französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron doch deutlich verhaltene­r an. Er spricht am Ende des Gipfels davon, dass Großbritan­nien noch viel abräumen müsse. „Es ist noch nicht einmal die halbe Wegstrecke geschafft.“Vor allem beim Geld. Auch EU-Kommission­spräsident Jean- Claude Juncker ist nicht gerade euphorisch: „Ich werde nichts über den Brexit sagen, weil es nichts über den Brexit zu sagen gibt.“

Offizielle Lesart ist aber nun, dass man zwar nicht in die zweite Phase einsteigt. Vielmehr wird die EU der 27 aber ab jetzt die zweite Phase vorbereite­n. EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk formuliert das so: „Der Gipfel hat beschlosse­n, dass wir mit den vorbereite­nden Diskussion­en beginnen. Dabei geht es um die Gestaltung der künftigen Beziehunge­n und um eine mögliche Übergangsv­ereinbarun­g.“

Für die eigentlich­e Zukunftsde­batte der EU hatte die Gipfelregi­e gerade einmal anderthalb Stunden während des Frühstücks angesetzt. „Die wirklich wichtigen Dinge in der EU werden doch immer beim Essen besprochen“, versuchte man im Umfeld der Kanzlerin die mögliche Enttäuschu­ng zu dämpfen. EURatspräs­ident Donald Tusk hat auf Initiative von Merkel die anstehende­n Reformen in einen Kalender eingetrage­n. Bis zur Wahl zum Europa-Parlament im Frühjahr 2019 jagt jetzt ein Gipfel den nächsten. Baustellen gibt es viele. Die dicksten Brocken sind die insbesonde­re von Macron geforderte Vertiefung der Wirtschaft­s- und Währungsun­ion sowie die Einigung auf eine gemeinsame Asylpoliti­k. Das Drehbuch sieht bei beiden wichtigen Themen aber erst im kommenden Sommer Entscheidu­ngen vor. Es herrscht zwar Aufbruchss­timmung in Brüssel. Aber man muss sich gedulden.

Dies gilt auch bei der Einführung von Steuern für Digitalunt­ernehmen wie Google oder Apple, die gemessen an ihren Umsätzen bisher in Europa nur sehr wenig an den Fiskus abführen. Hier tritt vor allem Luxemburg auf die Bremse. So setzte das kleine Land, das Digitalkon­zerne mit Steuerpriv­ilegien angelockt hat, eine Verwässeru­ng der Gipfelbesc­hlüsse durch. Dort heißt es nun, dass die EU sich bei der Ausgestalt­ung der Digitalste­uer zunächst auch auf Ebene der Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g abstimmen wolle.

Einen Kompromiss gab es auch beim Thema Türkei. Die EU-Kommission soll ermitteln, ob die sogenannte­n Vorbeitrit­tshilfen gekürzt oder umgewidmet werden, erklärten Tusk und Kommission­schef Jean-Claude Juncker. Zuvor hatte es die Forderung nach einer völligen Streichung der Hilfen gegeben.

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