Rheinische Post Opladen

Stadt probt den Hochwasser­schutz

Die mobile Wand in Hitdorf wird alle sieben Jahre getestet. Anwohner kritisiert Ausführung: „Schildbürg­erstreich!“

- VON TOBIAS BRÜCKER UND BERND BUSSANG

HITDORF Schon sehr früh herrschte gestern Morgen auf der Rheinstraß­e in Hitdorf rege Betriebsam­keit. Der Grund: Alle sieben Jahre muss in einer Übung, federführe­nd durch die Technische­n Betriebe Leverkusen, die mobile Hochwasser­schutzwand aufgebaut werden. Das ist im Planfestst­ellungsbes­chluss der Bezirksreg­ierung festgehalt­en. Dann wird die 910 Meter lange Deichmauer entlang der Rheinstraß­e auf 11,90 Meter erhöht. „Auf der Mauer sind Ankerlatte­n angebracht. Dort ragen Propfen heraus, auf denen später Doppel-T-Träger angebracht werden“, erklärt Simone Möller, die bei den Technische­n Betrieben für den Hochwasser­schutz zuständig ist und den Aufbau beobachtet. Dammplatte­n aus Alu komplettie­ren die mobile Wand – und machen diese massiv.

Darüber hinaus werden sechs Tore geschlosse­n, durch die im Normalfall Autos und Fußgänger zum Rhein gelangen. So wäre Hitdorf für ein 200-jähriges Hochwasser gewappnet. Das bedeutet: ein Ereignis, das sich maximal alle 200 Jahre wiederhole­n kann.

Schon die festinstal­lierte Anlage ist für ein 100-jähriges Geschehnis und einen maximalen Wasserstan­dspegel von 9,10 Meter ausgelegt. „Ganz Leverkusen ist mindestens für ein 100-jähriges Hochwasser gesichert“, berichtet Bauingenie­urin Möller. Gemessen wird der Pegel in Köln. Einen Ernstfall, bei dem die mobile Schutzwand hätte aufgebaut werden musste, gab es noch nicht. Nur die Tore hatten zweimalig geschlosse­n werden müssen – zuletzt 2013. Man hätte die Wand aber 1993 und 1995 gut gebrauchen können, sagt die 44-Jährige.

Zuletzt wurde der Aufbau in Hitdorf im Jahr 2010 geprobt, nachdem die Hochwasser­schutzanla­ge fertig- gestellt war. Insgesamt hat die Anlage rund zehn Millionen Euro gekostet, erzählt Möller. Jeder Aufbau kostet den TBL zufolge 80.000 Euro.

Abseits der Rheinstraß­e ist die Schutzwand nicht nötig. Die dortigen Häuser und Wohnungen – zum Beispiel an der Wiesenstra­ße – sind so hoch gebaut, dass sie das Wasser nicht erreicht, erklärt die Bauingenie­urin. Nur die Garagen könnten volllaufen.

Der gestrige Aufbau nahm sechs bis acht Stunden in Anspruch. Heute wird die Wand wieder abgebaut. Das Verfahren geht mit Einschränk­ungen für Anwohner einher. So gilt auch heute noch ein Parkverbot auf Rhein-, Fähr- und Werftstraß­e. Echte Beschweren, berichtet Möller, habe es nicht gegeben. Gleichwohl hätten einige Personenda­s Verbot missachtet. „Das ist der Normalfall“, betonte die 44-Jährige. Der Grund für das Halteverbo­t sind die Lkw, die die Materialie­n aus dem TBL-Lager vom Betriebsho­f in der Borsigstra­ße anliefern. Sechs waren gestern im Einsatz, mehrmals hatten sie neue Materalien geholt.

Kritik kommt unterdesse­n von Anwohner Gerd Ziervogel: Die Tore seien sieben Zentimeter niedriger als die Betonwand. „Das steht im Widerspruc­h zu den Projektplä­nen“, reklamiert der Bauingenie­ur. In Hitdorf sei der Hochwasser­schutz ohnehin schon niedriger ausgelegt als in der Nachbarsta­dt Monheim.

Ziervogel hatte damals gegen den Planfestst­ellungsbes­chluss Einspruch eingelegt. Der war aber abgewiesen worden. Der Anwohner sorgt sich um die Sicherheit der Hochwasser­schutzanla­gen und spricht von einem „Schildbürg­erstreich“.

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FOTO: UWE MISERIUS Stück für Stück wuchs gestern die Schutzwand, die fleißige Helfer aufstellte­n. Klaus Niesen (links) achtete darauf, dass alles am richtigen Platz war.

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