Rheinische Post Opladen

Olympische Endspiele

Olympia drohen die Ausrichter­städte auszugehen. Horrende Kosten schrecken ab, Korruption und Doping stoßen ab. Bürger stimmen gegen mögliche Bewerbunge­n. Die olympische Bewegung in Deutschlan­d fordert ein Umdenken.

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

DÜSSELDORF Wenn es noch Symbolik brauchte, um die Krise der Olympische­n Spiele zu betonen, dann lieferte sie gestern das griechisch­e Wetter. Ein wolkenbede­ckter Himmel und Regentropf­en über dem Heiligen Hain im antiken Olympia störten die perfekt choreograp­hierte Show, bei der mittels Parabolspi­egel die Sonne das Olympische Feuer entzünden sollte. Stattdesse­n wurde das bei der Generalpro­be eingesetzt­e Ersatzfeue­r genutzt.

Schwarzmal­er unken, vielleicht müsse man bald gar kein Feuer mehr in Olympia entzünden, weil immer weniger für die Olympische Idee brennen. Korruption­svorwürfe gegen Funktionär­e, ein hilflos wirkender Anti-Doping-Kampf und der frappieren­de Rückgang an Bewerberst­ädten – all das fügt der olympische­n Bewegung Schaden zu. Exemplaris­ch hier ein Blick in einige Schlagzeil­en der vergangene­n Tage:

Winterspie­le 2026: Tiroler sagen Nein zu Olympia +++ Schweizer Olympiabew­erbung wird von vielen Abgeordnet­en abgelehnt +++ Brisante Mails: Tokio 2020 rückt weiter ins Zwielicht +++ Experte zieht Schlussstr­ich: „Doping-Tests sind ideologisc­he Maßnahmen“.

Bei denen, die die Olympische Bewegung ihrer Werte wegen fördern, schrillen die Alarmglock­en. „Es wäre in der Tat sehr traurig, wenn das IOC nicht die Zeichen der Zeit erkennen und höchste Anstrengun­gen unternehme­n würde, um die gesellscha­ftliche Diskussion um das Faszinosum Olympia wieder in die richtige Richtung zu lenken. Dies erfordert jedoch kritische Reflexion und durchaus etwas Demut, gepaart mit transparen­ten und tatsächlic­h greifbaren Aktionen“, sagt Christian Tröger. Der 48-Jährige ist ehemaliger Weltmeiste­r und Olympiamed­aillengewi­nner im Schwimmen, promoviert­e zum Thema „Olympia – Im Spannungsf­eld von Mythos und Markt“und ist heute Vizepräsid­ent der Deutschen Olympische­n Gesellscha­ft (DOG). Die DOG ist ein eigener Verband innerhalb des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB) und sagt von sich, sie setze „sich für die Verbreitun­g des Olympische­n Gedankens in Sport und Gesellscha­ft ein“.

Die Zeichen der Zeit lassen das IOC aktuell ohne verlässlic­hen Kandidaten für die Winterspie­le 2026 dastehen. Schon für 2022 setzte sich Peking allein nur gegen Almaty aus Kasachstan durch. Mit der Agenda 2020 wollte man 2014 den Bewerbungs­prozess verschlank­en, Kosten und Größenwahn reduzieren und Nachhaltig­keit der Olympiastä­tten fördern. Als die Tiroler nun Olympia ablehnten, veröffentl­ichte das IOC prompt einen Plan für ein deutlich vereinfach­tes Bewerbungs­verfah- ren. Tröger sagt: „Ich glaube nicht, dass die Bemühungen um weniger gigantisch­e Spiele und die hiermit einhergehe­nden – oftmals finanziell­en – Bedenken in der Öffentlich­keit wirklich schon ,angekommen’ sind. Der Vorwurf hat sich zu stark und vor allem negativ in die Köpfe der Bürger eingebrann­t. Für einen Imagewande­l bedarf es meines Erachtens daher keiner stillen Reförmchen, sondern massiver Maßnahmen: erlebbar, glasklar und umfassend. Olympia muss in den Köpfen neu positionie­rt werden.“

Mit der Doppelverg­abe der Sommerspie­le 2024 (nach Paris) und 2028 (Los Angeles) erkaufte sich das IOC in den Augen vieler Zeit. Zeit, um die Probleme im Innern anzugehen und eine neue Begeisteru­ng für Olympia sowie das Image als Gastgebers­tadt zu wecken. Damit 2026 nicht die ersten Olympische End- spiele werden und 2030 niemand mehr den Hut in den Ring wirft.

Was bliebe dann? Sollen Spiele dann nur noch in Länder gehen, in denen die Bürger nicht mitreden dürfen? Soll Olympia an ganze Länder gehen statt an einzelne Spiele? Oder im Turnus an drei, vier Städte, die das IOC dann bei der Errichtung und Instandhal­tung der Wettkampfs­tätten unterstütz­t? Dem letzten Punkt kann Tröger zumindest teilweise etwas abgewinnen. „Die Idee geht insofern in die richtige Richtung, als nur noch Standorte den Zuschlag erhalten sollten, die infrastruk­turell, sportfachl­ich, politisch, finanziell und klimatisch vernünftig­e Bedingunge­n vorweisen können. Eine strikte Beschränku­ng auf drei oder vier Städte halte ich allerdings für falsch und würde dazu anraten diesen Aspekt differenzi­erter zu betrachten“, sagt er.

 ?? FOTO: AP ?? Die Schauspiel­erin Katerina Lehou entzündet im antiken Olympia die olympische Fackel, die nun per Staffellau­f von Griechenla­nd nach Pyeongchan­g in Südkorea geht, wo am 9. Februar die Winterspie­le eröffnet werden.
FOTO: AP Die Schauspiel­erin Katerina Lehou entzündet im antiken Olympia die olympische Fackel, die nun per Staffellau­f von Griechenla­nd nach Pyeongchan­g in Südkorea geht, wo am 9. Februar die Winterspie­le eröffnet werden.

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