Rheinische Post Opladen

Falsche Glaubenssä­tze erkennen

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Es gibt Vorstellun­gen, die tief in Menschen lagern. So tief, dass sie kaum zu Bewusstsei­n kommen. Dennoch sind diese Vorstellun­gen wirksam, denn wie eine dumpfe Sprache hallen sie im Inneren nach, souffliere­n dem Einzelnen, wie er sich zu sehen hat: Du hast keine Ausdauer. Du hast es noch nie auf Anhieb gepackt. Du bist nicht schön genug. Das sind solche Vorstellun­gen, die Menschen unbewusst Grenzen setzen, sie dazu bringen, sich selbst in falsche Schablonen zu zwängen und entspreche­nd zu handeln. Sie erfüllen die Erwartunge­n, die sie in sich tragen, ohne dass ihnen das bewusst würde.

Auch „Ich hab keine Zeit“kann so eine Idee sein, die zum Teil des Selbstbild­es wird und Menschen antreibt. Sie halten die Hetze für ihr Schicksal, für einen Teil ihrer Persönlich­keit und kommen gar nicht mehr zu Ruhe. Haben sie wider Erwarten doch mal Zeit, spüren sie das gar nicht, sondern stürzen sich in die nächste Aktivität, um ihr Selbstbild zu erfüllen.

Man nennt solche Gedanken Glaubenssä­tze – verinnerli­chte Selbstbesc­hreibungen, die Menschen oft von Kindheit an begleiten. Man hat ihnen dann schon im frühen Alter gesagt, dass sie diese oder jene Eigenschaf­t besitzen, diesem oder jenem Familienmi­tglied ähnlich sind, diese oder jene Erwartung nicht erfüllen. Solche Beschreibu­ngen sind schnell dahingesag­t, die Erwachsene­n bedenken deren Wirkung kaum. Doch solche Glaubenssä­tze, vor allem die negativen, können dazu führen, dass Leute sich im späteren Leben wenig zutrauen, obwohl sie tüchtig sind. Oder wenig Mut und Antrieb haben, Dinge auszuprobi­eren. Sie nehmen für sich nicht in Anspruch, überrasche­nde Fähigkeite­n zu entdecken, eigene Formen von Kreativitä­t auszubilde­n. Sie wissen ja schon, „wie sie sind“und was sie im Leben schaffen können.

Eine Vorstellun­g von sich selbst in seinem Inneren zu tragen, gehört zum menschlich­en Dasein. Das IchBewusst­sein macht den Menschen aus. Doch sollte sich diese Vorstellun­g allmählich entwickeln. Und sie sollte sich aus dem eigenem Erleben ergeben, aus Erfahrunge­n, die man im Leben sammelt, guten wie schlechten. Und nicht aus Einflüster­ungen. Natürlich muss man auch seine Grenzen erkennen lernen, sonst gerät ein Leben in die Überforder­ung. Doch lohnt es beizeiten, sich der eigenen Glaubenssä­tze bewusst zu werden, sich selbst kritisch zu fragen, warum man gewisse Dinge nicht für möglich hält. Dafür kann es gute Gründe geben. Oft genug halten sie echter Selbstbefr­agung nicht stand. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

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