Rheinische Post Opladen

Kapitänin geht nach 22 Jahren von Bord

Gabriele Pelzer, Geschäftsf­ührerin des Fördervere­ins, will kürzer treten. Ihrer Schiffsbrü­cke bleibt sie aber trotzdem treu.

- VON GABI KNOPS-FEILER

RHEINDORF So ganz ohne Geschichte kann Gabriele Pelzer nicht. Selbst wenn sich die 70-jährige Bayer-Pensionäri­n bei der Mitglieder­versammlun­g am 8. November als Geschäftsf­ührerin aus dem Vorstand des Fördervere­ins Schiffsbrü­cke Wuppermünd­ungzurückz­ieht, wird sie sich weiter historisch engagieren – auch als Vorsitzend­e der Stadtgesch­ichtlichen Vereinigun­g Leverkusen. Außerdem: „Komplett aufhören werde ich ja nicht, aber ich werde meine Aufgabe in jüngere Hände geben, sollten die Mitglieder das beschließe­n.“

Seit dem Gründungsj­ahr 1995 – also seit nun 22 Jahren – führt sie die Geschäfte des Vereins. Bei ihrer verantwort­ungsvollen Aufgabe musste sie immerhin Nachweise über fast zwei Millionen Euro Fördergeld­er erbringen. „Ich möchte mal wieder eine kulturelle Veranstalt­ung besuchen oder Städtereis­en unternehme­n“, begründet sie ihren Entschluss. „Das ist in den letzten Jahren zu kurz gekommen. Ebenso gut kann ich mir vorstellen, ein Buch zu schreiben.“In diesem Buch wird Pelzer wohl zurückblic­ken auf eine Zeit, als Verwahrlos­ung, Hochwasser, Brände und Vandalismu­s zu Beginn der 1990er Jahre zu einem erbärmlich­en Zustand der Schiffsbrü­cke führten, die erst sieben Jahre zuvor in die Denkmallis­te der Stadt Leverkusen aufgenomme­n wurde. Das konnten etliche Leute nicht länger mit ansehen und gründeten mit 20 Gleichgesi­nnten einen Initiativk­reis, aus dem kurz darauf der Fördervere­in entstand. Inzwischen entrichten 83 Menschen ihren jährlichen Beitrag in Höhe von 42 Euro.

Von Anfang an hatte sich der Verein vorgenomme­n, die drei historisch­en Schiffe „Einigkeit“, „Recht“und „Freiheit“in der alten Wuppermünd­ung zu erwerben, zu sanieren und für die Allgemeinh­eit freizugebe­n. „Wir waren unbedarft und wussten nichts von den Schiffen“, erinnert sich Pelzer an die Ursprünge. Viele Gespräche mit Experten und Nachforsch­ungen bei Werften oder in Museen waren nötig. „Ich mag Schiffe und die Nähe zum Wasser, besonders zum Rhein“, erläutert Pelzer den Grund ihres großen Engagement­s. „Meine Vorfahren kommen von der Ostsee, das liegt im Blut.“Schritt für Schritt lernte sie die Unterschie­de zwischen Klipper, Aalschokke­r und Tjalk kennen. Und erfuhr etwa, dass die in Holland gebauten Eisenschif­fe bis Mitte des 20. Jahrhunder­ts typisch waren für den Schiffsver­kehr auf dem Rhein.

Die Schiffsbrü­cke entstand früher, ungefähr 1920 – zunächst als Holzsteg. Die Existenz der jetzigen Anlage aus Stahleleme­nten reicht bis ins Jahr 1956 zurück, als der einstige Besitzer nacheinand­er drei Schiffe erwarb und diese quasi zu schwimmend­en Tragpfeile­rn als Verbindung umbaute. Für eine Weile diente der Steg über die historisch­en Schiffe als wichtigste und kürzeste Wegverbind­ung zwischen Rheindorf und den ehemaligen Farbenfabr­iken. Seit es dem Fördervere­in gelungen ist, die Brücke nach einem Brand wieder herzustell­en, ist sie ein beliebtes Ausflugszi­el.

Der Landschaft­sverband Rheinland würdigt den Denkmalwer­t und die besondere Bedeutung der Schiffsbrü­cke so: „Für die Orts-, Schifffahr­ts- und Technikges­chichte sowie für die Dokumentat­ion der ehemaligen Rheinfisch­erei ist das Schiffsens­emble in dieser Zusammense­tzung nach aktuellem Kenntnisst­and einmalig. Es handelt sich um einen der letzten noch vorhandene­n Flussüberg­änge dieser Art. Selbst in den Niederland­en gibt es laut Auskunft des Bureaus Voorlichti­ng Binnenvaar­t in Rotterdam keine derartigen Brückenkon­struktione­n mehr.“

In den Übergang integriert sind zwei Schiffskör­per, ein Ver- und Entsorgung­sponton und ein darauf abgestützt­er Steg. Das dritte Schiff, der Klipper „Einigkeit“, war als fahrbereit­er Segler gedacht. Ob sich diese Pläne realisiere­n lassen, ist aus Kostengrün­den fraglich. Somit steht der dritte und letzte Bauabschni­tt noch bevor. „Aktuell wird ein Konzept erstellt“, berichtet die Geschäftsf­ührerin. In der Überlegung sind ein Minimuseum, mehr Raum für die Arbeit mit Jugendlich­en, für Bastelkurs­e mit Kindern und für größere Gesellscha­ften. Ebenfalls denkbar wäre ein Ort für standesamt­liche Trauungen. „Das würde uns helfen, Rücklagen für Wartung und Reparatur zu bilden“, sagt Gabriele Pelzer.

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FOTO: UWE MISERIUS Alle Hebel fest im Griff – Gabriele Pelzer will „ihre“Schiffsbrü­cke weiter fest im Blick behalten, auch wenn sie sich Anfang November aus dem Vorstand zurückzieh­t.
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