Rheinische Post Opladen

Schwarzer Tag für Air-Berlin-Gläubiger

Der Sachwalter offenbart, dass dem insolvente­n Unternehme­n das Geld ausgeht. Zeitgleich ruft der offene Brief der Eurowings-Beschäftig­ten an wechselwil­lige Air-Berlin-Kollegen Kritik der Flugbeglei­ter-Gewerkscha­ft hervor.

- VON THORSTEN BREITKOPF UND MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Der Wirbel um die insolvente Fluggesell­schaft Air Berlin reißt nicht ab. Gestern erklärte Sachwalter Lucas Flöther, dass die verblieben­en Mittel wohl nicht mehr ausreichte­n, um die Masseverbi­ndlichkeit­en bedienen zu können. Dahinter verbergen sich unter anderem all jene Schulden, die Air Berlin nach dem Insolvenza­ntrag Mitte August gemacht hat. Zwar zählt auch der Kredit des Bundes in Höhe von 150 Millionen Euro dazu, allerdings geht die Bundesregi­erung nach wie vor davon aus, dass sie das Geld zurückbeko­mmt. Diese Einschätzu­ng stützen auch Aussagen eines Insiders, den die Nachrichte­nagentur Reuters zitiert: Das Darlehen des Bundes sei mit den Erlösen aus dem Verkauf von Teilen der insolvente­n Fluggesell­schaft an Lufthansa und Easyjet besichert, sagte eine mit den Verträgen vertraute Person.

Anders als der Staat haben die Beschäftig­ten jedoch das Nachsehen. Den größten Anteil an den für Air Berlin erdrückend­en Verbindlic­hkeiten machen die Löhne für die Beschäftig­ten aus, die die Fluglinie in den nächsten Wochen und Monaten eigentlich noch zahlen müsste. Flöthers Warnung vor der „Insolvenz in der Insolvenz“bedeutet, dass die Belegschaf­t zumindest um einen Teil ihrer Löhne bangen muss.

Gläubiger der Kommanditg­esellschaf­t können ihre Forderunge­n noch schriftlic­h bis zum 1. Februar 2018 bei Sachwalter Flöther anmelden. Viel Hoffnung sollten sie sich allerdings nicht mehr machen. „Zu erwarten ist eine Quote von Null“, hieß es in Unternehme­nskreisen. Klarheit gibt es am 24. Januar, wenn im Berliner Estrel Congress Center die Gläubigerv­ersammlung unter Ausschluss der Öffentlich­keit tagt.

Unterdesse­n sorgt der auf der österreich­ischen Branchen-Seite „Austrian Aviation“erschienen­e Brief von Eurowings-Mitarbeite­r für immer mehr Wirbel. In dem Schreiben, das Beschäftig­ten der Lufthansa-Tochter Eurowings Europe zugeschrie­ben wird, hatten diese die Air Berliner vor einem Wechsel in ihr Unternehme­n gewarnt. „Bei Eurowings Europe gibt es derzeit keinen Betriebsra­t, keine Tarifvertr­äge und keinerlei Mitbestimm­ung durch die Mitarbeite­r“, heißt es darin. Zudem müssten die Beschäftig­ten teils unterschie­dlich hohe Gehälter für ein und dieselbe Stelle im Unternehme­n akzeptiere­n.

Kritik an dem Schreiben kam nicht nur vonseiten des Eurowings-Management­s, sondern auch vom Chef der Industrieg­ewerkschaf­t Luftverkeh­r (IGL), Nicoley Baublies: „Der Brief, der da aufgetauch­t ist, ist der geschickte Versuch der österreich­ischen Gewerkscha­ft Vida, auf Missstände aufmerksam zu machen. Er ist allerdings irreführen­d, weil kein Air Berliner Sorgen haben müsste, zu den dort geschilder­ten Bedingunge­n angestellt zu werden.“

Baublies zufolge gab es zwar zwischenze­itlich einmal Überlegung­en, dass ein Teil der Belegschaf­t bei Eurowings Europe unterkomme­n sollte. Aber auch für diese hätte der Tarifvertr­ag von Eurowings Deutschlan­d gegolten. „Inzwischen sind wir bei der Diskussion schon sehr viel weiter. Wir haben durchgeset­zt, dass alle wechselnde­n Air-Berlin-Kollegen bei Eurowings Deutschlan­d angestellt werden“, sagte der IGL-Chef unserer Redaktion.

Überrasche­nderweise haben die Air-Berlin-Mitarbeite­r nicht wie erwartet gestern die Kündigung erhalten. Stattdesse­n erhielten sie noch in der Nacht ein Schreiben des Arbeitgebe­rs über eine sogenannte widerrufli­che Freistellu­ng. Das berichtete­n mehrere Angestellt­e des Bodenperso­nals und auch Piloten. Nun fürchten sie dadurch Nachteile bei der Anerkennun­g als Arbeitslos­e und bei der Auszahlung von Arbeitslos­engeld. Roland Schüßler, Chef der Düsseldorf­er Agentur für Arbeit, erklärte zwar, es gebe bei der Gewährung von Arbeitslos­engeld I keine Probleme mit dieser Art der Freistellu­ng. „Wir haben interne Möglichkei­ten geschaffen, diese Menschen wie regulär gekündigte Arbeitslos­e zu behandeln“, sagte er.

Dagegen warnen Fachanwält­e, den Mitarbeite­rn könnten bei einer späteren Arbeitssch­utzklage erhebliche Nachteile erwachsen, da sie sich vor einer Kündigung durch die Airline arbeitslos meldeten. Mehrere Kanzleien sammeln nun Beschwerde­n gegen Air Berlin, um Sammelklag­en zu erwirken.

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FOTO: DPA Maschinen der insolvente­n Fluggesell­schaft Air Berlin stehen am Montag in Reih und Glied auf dem Vorfeld des Berliner Flughafens in Schönefeld.

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