Rheinische Post Opladen

Flüchtling­skinder gerechter auf die Schulen verteilen

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Hier wohnen die Reichen, da die Armen. In Deutschlan­d hat sich die Kluft zwischen wohlhabend­en und sozial benachteil­igten Vierteln in den großen Städten zuletzt immer mehr vertieft.

Das war nicht immer so. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es eine kurze Phase der sozialen Durchmisch­ung in den Städten. Doch schon in den 1950er und erst recht in den 60er und 70er Jahren entstanden Großwohnsi­edlungen mit zum Teil Zehntausen­den Bewohnern wie die Neue Vahr in Bremen, die Grindelber­gbauten in Hamburg, das Hansa-Viertel in Berlin oder Köln-Bocklemünd, von denen viele später zu sozialen Ghettos wurden.

Von einer ausgewogen­en Mischung in den Vierteln kann auch in den meisten anderen Städten längst keine Rede mehr sein. Die Fehler dieser Wohnungsba­upolitik wirken bis heute nach. Das Bestreben der Wohlhabend­en, unter sich zu blei-

In den Städten ist die Kluft zwischen armen und reichen Vierteln groß. Potenziert werden die Fehler einer verfehlten Wohnungspo­litik durch eine unfaire Verteilung der Flüchtling­e. Das zeigt sich besonders in den Schulen.

ben, trug zusätzlich zur wachsenden Segregatio­n bei.

Diese Fehler werden nun auch noch durch eine verfehlte Verteilung der Flüchtling­e potenziert. Nicht die absolute Zahl der Neuankömml­inge macht Probleme, sondern ihre Verteilung. Stadtviert­el, die ohnehin schon belastet sind, kommen schneller an ihre Grenzen – das findet bisher nicht ausreichen­d Berücksich­tigung.

Besonders deutlich wird dies in den Schulen: Mancherort­s in Nordrhein-Westfalen liegt der Ausländera­nteil in den Klassen deutlich über 50 Prozent. In einer Umgebung, in der die meisten Kinder aber ohnehin kaum Deutsch sprechen, wird die Integratio­n der Flüchtling­e zu einer kaum lösbaren Aufgabe.

Umgekehrt finden sich in vielen gut situierten Gegenden pro Klasse allenfalls zwei oder drei Kinder, die zugewander­t sind und die deutsche Sprache erst noch lernen müssen. Sie in den Schulbetri­eb und die Klassengem­einschafte­n zu integriere­n, ist meist nach einer gewissen Anlaufphas­e keine große Sache.

Die neue NRW-Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) kennt das Problem. Schon in ihrer Zeit als schulpolit­ische Sprecherin forderte sie: „Ein ausgewogen­es Verhältnis zwischen Flüchtling­s- und anderen Kindern muss sichergest­ellt sein.“Als Ministerin versprach sie, die Vorbereitu­ngsklassen zu stärken, damit die Kinder schneller Deutsch lernen. Dazu will sie nun auch verstärkt die Ferienzeit­en nutzen und Flüchtling­skinder in den Schulen unterricht­en lassen.

Schaden kann das nicht. Vielverspr­echender aber wäre es, die Verteilung auf die Schulen besser zu steuern. Damit würde sich manch andere Anstrengun­g erübrigen. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

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