Rheinische Post Opladen

Sturmschäd­en werden zunehmen

Die zeitlichen Abstände heftiger Stürme, die eine Schneise der Zerstörung hinterlass­en, verringern sich. Die Versicheru­ngen in Deutschlan­d stellen sich auf mehr Schäden ein.

- VON BIRGIT MARSCHALL, HOLGER MÖHLE UND EVA QUADBECK

BERLIN Sieben Tote, 24 Verletzte, 20.000 zerstörte Bäume, massenweis­e gestrandet­e Pendler wegen Zugausfäll­en – so lautet die Bilanz des jüngsten Orkans, der Anfang Oktober über Nord- und Ostdeutsch­land fegte. Versichere­r und Klimaexper­ten sind sich einig: Extreme Wettererei­gnisse werden zunehmen.

In welchem Umfang die extremen Wetterlage­n auf den Klimawande­l zurückzufü­hren sind, ist umstritten. „Wir gehen davon aus, dass ein Orkan wie Xavier schon vom Klimawande­l gemacht ist. Wir beobachten dabei mit großer Sorge, dass sich sogenannte Jahrhunder­t-Ereignisse in immer engerer Zeitfolge aneinander­reihen“, sagte der Präsident der Arbeitsgem­einschaft Deutscher Waldbesitz­erverbände, Philipp zu Guttenberg.

Auch die großen Versicheru­ngen in Deutschlan­d sind alarmiert. „Ein besonders schadenstr­ächtiges Sturmereig­nis von einer Intensität, wie wir es heute alle 50 Jahre erleben, kann zukünftig alle zehn Jahre eintreten“, heißt es in einer Analyse des Gesamtverb­andes der deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft.

Mit den ungewöhnli­ch frühen Herbststür­men wird das Jahr 2017 kein gutes für die Versichere­r. „Im Vergleich zu 2016 werden die reinen Sturmschäd­en im Jahr 2017 höher ausfallen“, sagte Thomas Bistry, Experte für Naturgefah­ren bei der Deutschen Rückversic­herung AG. Die Münchner Rückversic­herung meldet, dass die großen Schäden aus den Naturkatas­trophen des dritten Quartals ihr Jahreserge­bnis schwer belasteten.

Auch in Zukunft rechnet man bei den deutschen Rückversic­herern mit mehr Unwettern. Die Grundvorau­ssetzung für hagelinten­sive Unwetter über Deutschlan­d habe sich in den jüngsten Jahren deutlich verstärkt. „Die Häufigkeit feuchter und gleichzeit­ig besonders heißer sogenannte­r Südwestwet­terlagen hat seit dem Jahr 2000 gegenüber früheren Jahrzehnte­n merklich zugenommen und damit auch das Risiko extremer Hagelunwet­ter“, sagt Bistry.

Im Herbst und Winter sind es vor allem die Stürme, die Menschenle- ben bedrohen und hohe Sachschäde­n verursache­n – im Frühjahr und im Sommer drohen heftige Niederschl­äge und Hochwasser. Nach Erkenntnis der Deutschen Rückversic­herung sind in den vergangene­n Jahren Niederschl­äge aufgetrete­n, „die in Deutschlan­d in dieser Form bislang noch nie zuvor beobachtet wurden“.

Die Bürger stellen sich auf die steigende Zahl der Wetterextr­eme ein, indem sie mehr Versicheru­ngen abschließe­n. Die Absicherun­g gegen Schäden durch Sturm, Hagel und Blitzschla­g ist hierzuland­e traditione­ll hoch. Immer mehr Bürger legen sich zudem eine Assekuranz für Überschwem­mungen, Hochwasser oder Erdbeben zu. Seit dem Jahr 2000 habe sich die Zahl der Verträge von Wohngebäud­eversicher­ungen mit Elementars­chäden verdoppelt, bei den Hausratver­sicherunge­n mit dem Zusatz Elementars­chäden gab es sogar eine Verdreifac­hung, heißt es bei der Deutschen Rückversic­herung.

Vor Deutschlan­ds größtem Braunkohle­kraftwerk in Grevenbroi­ch-Neurath haben Aktivisten der Umweltorga­nisation Greenpeace auf die klimaschäd­liche Wirkung von Kohlendiox­id hingewiese­n. Sie projiziert­en gestern Morgen auf die Kühltürme rund 30 Gesichter und die Aussage „Kohle zerstört unsere Zukunft“in mehreren Sprachen. Die Aktion stand im Zusammenha­ng mit der Weltklimak­onferenz, die derzeit in Bonn tagt. Auch Vertreter der Fidschi-Inseln beteiligte­n sich am Protest.

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