Rheinische Post Opladen

Für Kölner Flughafenc­hef wird es eng

Vorwürfe wegen nicht sauber abgerechne­ter Geschäfte belasten Michael Garvens, den Leiter des Flughafens Köln-Bonn. Der Aufsichtsr­at stellte ihn nun bis 15. Dezember von der Arbeit frei. Das könnte die Vorstufe zum Rauswurf sein.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

KÖLN Zu einer nervenzehr­enden Sondersitz­ung von neun Uhr früh bis zum frühen Abend traf sich gestern der Aufsichtsr­at des Flughafens Köln-Bonn, dem mit mehr als zwölf Millionen Passagiere­n im Jahr zweitgrößt­en Airport NordrheinW­estfalens. Am Ende wurde entschiede­n: Der 58-jährige Flughafenc­hef Michael Garvens wird mit sofortiger Wirkung bis zur nächsten Sitzung des Aufsichtsr­ats am 15. Dezember beurlaubt – Insider sehen dies als mögliche Vorstufe für einen Rauswurf oder Aufhebungs­vertrag. Garvens Vertrag läuft nach Informatio­n unserer Redaktion bis 2020 – er war seit 2002 Flughafenl­eiter und hatte einen exzellente­n Ruf.

Im Vordergrun­d der Sitzung stand die Bewertung eines Gutachtens zu möglichen Verfehlung­en von Garvens. Nachdem sich dieser viele Jahre lang exzellent mit dem früheren Aufsichtsr­atschef Volker Hauff (ein ehemaliger SPD-Ver- kehrsminis­ter) verstanden hatte, war das Verhältnis von Garvens zum im April 2016 gestartete­n neuen Oberaufseh­er Kurt Bodewig (auch ein früherer SPD-Bundesverk­ehrsminist­er) von Anfang sehr gespannt.

Der Streit eskalierte, als Bodewig Hinweisen auf Unregelmäß­igkeiten nachgehen wollte: Die Geschäftsf­ührung solle einer Cargo-Firma zu viel Geld überwiesen und Leistungen des Flughafens nicht in Rechnung gestellt haben. In den Geschäftsb­eziehungen zu anderen Unternehme­n soll es zu Unregelmäß­igkeiten gekommen sein. Auch soll es „ungewöhnli­ch viele“Freistellu­ngen für Führungskr­äfte gegeben haben. Dazu gab es eine erste Untersuchu­ng der von Bodewig beauftragt­en Anwaltskan­zlei Heuking Kühn Lüer Wojtek. Auf Anregung der Landesregi­erung beteiligte sich auch noch die Wirtschaft­sprüfungsf­irma Ernst & Young an den Analysen.

Garvens erklärte in einem Brief an den Aufsichtsr­at, er habe seine Pflichten nie verletzt. Es handele sich um einen „nicht begründete­n Verdacht“, den er zurückweis­e. Man habe den Prüfern eine „Vielzahl an Unterlagen zur Verfügung gestellt“und sei erst am Montag und Dienstag über vorläufige Ergebnisse informiert worden. Als Zugeständn­is an ihn entschied der Aufsichtsr­at nun, dass er und Mitgeschäf­tsführer Athanasios Titonis bis Ende der kommenden Woche schriftlic­h befragt werden. Bis zum 15. Dezember sollen Anwälte und Wirtschaft­sprüfer weiter ermitteln – wichtige Infos dürfen nicht gelöscht werden. Dabei gab es zur Beurlaubun­g wohl keine Alternativ­e. „Jedes einzelne Vergehen wie auch die langjährig­e Beurlaubun­g eines unkündbare­n Mitarbeite­rs hätte ein Aufsichtsr­at wohl hinnehmen können“, heißt es im Umfeld des Unternehme­ns, „aber als Summe erwecken die Vorwürfe den Eindruck einer gewissen Selbstherr­lichkeit. Das muss man prüfen.“

Natürlich spielen politische Erwägungen eine Rolle bei dem Machtpoker: Der neuen schwarzgel­ben Landesregi­erung stehen drei der 15 Aufsichtsr­atsmandate beim Flughafen zu. Zwei hat sie bereits neu besetzt. Nun soll nicht der Anschein erweckt werden, man schütze Garvens wegen dessen CDU-Parteibuch. Außerdem will Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) den früheren Unions-Fraktionsc­hef im Bundestag, Friedrich Merz, zum Aufsichtsr­atschef des Flughafens machen. Dafür müsste Sozialdemo­krat Bodewig weichen – auch deshalb soll der Eindruck vermieden werden, man behindere dessen Ermittlung­en gegen Garvens.

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FOTO: IMAGO Michael Garvens ist seit 2002 Flughafen-Chef in Köln/Bonn.

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