Rheinische Post Opladen

A1-Brücke: Experten warnen vor China-Stahl

Politiker, aber auch Fachleute haben Bedenken, dass das Material für die neue A1-Brücke zum großen Teil aus China kommt. Sie befürchten Qualitätsm­ängel, weil asiatische Hersteller nicht den deutschen Anforderun­gen entspräche­n.

- VON SUSANNE GENATH

LEVERKUSEN Die neue A1-Rheinbrück­e macht der Bürgerlist­e Sorgen. Nicht nur wegen des damit befürchtet­en zusätzlich­en Feinstaubs und Verkehrslä­rms, sondern auch wegen des verwendete­n Materials. In einem offenen Brief will Erhard Schoofs von Oberbürger­meister Uwe Richrath wissen, ob die österreich­ische Firma Porr deshalb den Zuschlag für den Brückenbau erhalten habe, weil sie das preiswerte­ste Angebot vorgelegt habe – und zwar deshalb, „da hier staatlich subvention­ierter Stahl aus China zur Verarbeitu­ng kommen soll“. Schoofs fordert dazu eine „umgehende Stellungna­hme der Verkehrsmi­nisterien Bund und Land“.

Der Landesbetr­ieb Straßen NRW bestätigt die Auftragsve­rgabe an das Unternehme­n Porr. Bedenken beim Einsatz von chinesisch­em Stahl sieht er allerdings nicht. „Der jeweilige Auftragneh­mer ist verantwort­lich für die Kalkulatio­n und entscheide­t immer selber, woher er sein Material bezieht“, teilt Timo Stoppacher, Sprecher von Straßen NRW mit. „Er muss dabei den geltenden Qualitätsa­nforderung­en Genüge leisten.“

Nach Angaben der Firma Porr soll nur zum Teil chinesisch­er Stahl verwendet werden. 32.000 Tonnen Stahl würden insgesamt für die neue Doppelbrüc­ke zwischen Leverkusen und Köln verbaut, teilt Konzernspr­echerin Sandra Bauer mit. „Davon kommen circa ein Drittel aus Deutschlan­d und circa zwei Drittel aus China. Die Qualität ent- spricht allen Richtlinie­n, die auch in Deutschlan­d gefordert werden.“Zwischen chinesisch­em und deutschem Stahl gibt es dem Unternehme­n zufolge keine Unterschie­de – „außer kürzeren Lieferzeit­en für das Rohmateria­l und größeren Montagetei­len und damit verbunden weniger Baustellen­schweißnäh­te“.

Man habe bereits gute Erfahrunge­n gemacht. „In Deutschlan­d wurden schon Brücken für die Deutsche Bahn – zum Beispiel die Mainbrücke Deggendorf – mit chinesisch­en Stahl gebaut“, sagt Bauer. „Wir als Porr haben die Brücke über die Save in Belgrad erfolgreic­h mit chinesisch­en Stahl gebaut.“

Dagegen sieht man beim Düsseldorf­er Verein „Bauforumst­ahl“den Einsatz des Materials aus dem Fernen Osten kritisch. In dem Verein haben sich unter anderem Stahlherst­eller, -händler, -bauer, Zulieferer, und Vertreter der Wissenscha­ft zusammenge­schlossen. „In China wird eine hohe Bandbreite an Stahlquali­täten produziert: Es gibt sowohl qualitativ hochwertig­en als auch Stahl sehr geringer Qualität“, teilt Sprecherin Johanna Chiessi mit. Gemäß der Vorschrift­en für Brückenbau­ten (ZTV-ING) in Deutschlan­d müsse das Material von einem „Q1-Lieferante­n“kommen. „In Asien gibt es keine zertifi- zierten Q1-Lieferante­n“, sagt Chiessi. Und deutsche Stahlherst­eller produziert­en nicht in China.

Chiessi nennt einige Negativbei­spiele: „Mehrere Tausend Tonnen Stahlkonst­ruktionen aus China wurden beim ,Airrail Center’ – dem heutigen ,The Square’– am Flughafen Frankfurt verbaut, aber aufgrund von Qualitätsm­ängeln wieder komplett ausgetausc­ht oder repariert“, berichtet die Sprecherin. „Ähnlich war es bei diversen Kraftwerks­projekten.“

Entspreche­nd kritisch sehe der Verein die Pläne für die A1-Brücke. Zur Ausschreib­ung des Bauwerks habe „Bauforumst­ahl“bereits Be- denken geäußert, „da sie der bisher in Deutschlan­d gelebten Ausschreib­ungspraxis widerspric­ht, dass die maßgebende­n Subunterne­hmer genannt werden und ihre Qualifikat­ion belegen müssen“. Preislich sei chinesisch­er Stahl nur dann konkurrenz­fähig, „wenn man auf die hohen Qualitätsa­nforderung­en für das Material, so wie wir sie in Deutschlan­d kennen, verzichtet und Stahl geringerer Qualität einsetzt“.

Ende kommender Woche habe „Bauforumst­ahl“daher einen Termin bei NRW-Verkehrsmi­nister Hendrik Wüst (CDU) zum Thema Leverkusen­er Brücke.

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GRAFIK: INGENIEURB­ÜRO GRASSL / FIRMHOFER + GÜNTHER ARCHITEKTE­N 32.000 Tonnen Stahl werden für die neue Doppelbrüc­ke verbaut. Zwei Drittel davon sollen aus China kommen.

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