Rheinische Post Opladen

Aus dem Leben der Bertha Middelhauv­e

Sie war eine Urpädagogi­n, vielseitig engagiert, eine Mutter, die Zeit für die Familie aufbrachte, Wert auf Literatur, Musik und Natur legte. So hat Mechthild Ruf ihre Mutter in Erinnerung. Ein Vortrag beleuchtet jetzt Middelhauv­es Leben.

- VON TOBIAS FALKE

OPLADEN In der Stadtgesch­ichte Leverkusen­s kommt der interessie­rte Leser an den Namen Friedrich und Bertha Middelhauv­e nicht vorbei. Deshalb gab es bereits im Vorjahr einen Vortrag des Bergischen Geschichts­vereins über das Leben und Wirken Friedrichs, der unter anderem Mitte des 20. Jahrhunder­ts als Verleger und Buchhandlu­ngsinhaber, mehr noch als FDP-Politiker bekannt war.

In diesem Jahr, genauer am Dienstag, 21. November, findet ein erneuter Vortrag statt – nun geht es allerdings um das Leben seiner Frau Bertha, die unter anderem dadurch bekannt wurde, dass sie sich in den 1950er Jahren vehement für zeitgenöss­ische Kunst im Schloss Morsbroich einsetzte, im Leverkusen­er Stadtrat für die Schul- und Kulturpoli­tik stand, Gründungsm­itglied des Deutschen Frauenring­s war und von 1948 bis 1959 als FDP Fraktionsv­orsitzende tätig war.

Doch wie sah das Familienle­ben aus? Hierzu erzählt ihre jüngste und einzig noch lebende Tochter Mechthild Ruf allerlei Aufschluss­reiches und Erstaunlic­hes. Dabei legt sie sich fest: „Ich hatte immer ein sehr gutes Verhältnis zu meinen Eltern. Meine Mutter hatte immer Zeit für mich.“Im Gedächtnis behielt sie unter anderem, dass es sonntags immer zum Wandern ging. Ihre Mutter sei sehr belesen und musikalisc­h gewesen. Kultur und Musik aber auch die Natur standen stets im Vordergrun­d. Als ihr Vater schwer erkrankte und die Zeit von Oktober 1965 bis zu seinem Todestag am 14. Juli 1966 im Krankenhau­s verbrachte, sei ihre Mutter zu 90 Prozent der Zeit bei ihm gewe- sen. Sie las ihm viel vor, darunter Biografien von Goethe und Picasso. Während dieser Zeit erzählte Friedrich seiner Frau zahlreiche Lebenserin­nerungen, die sie für die Nach- welt aufschrieb. „Wie würde ich meine Mutter heute beschreibe­n“, fragt sich Mechthild Ruf. „Ich denke, sie war sehr vielfältig und temperamen­tvoll. Wenn sie etwas wollte, dann setzte sie sich auch durch. Und dennoch war sie menschlich aufgeschlo­ssen und empathisch.“Sie sei eine ur-begabte Pädagogin gewesen, die einen guten Zugang zu jungen Leuten hatte. Sie positionie­rte sich gegen konfession­elle Schulen. Bei einer Predigt wurde deshalb unter anderem über den Verrat an der katholisch­en Kirche gesprochen und gesagt: „Und die Verräter sitzen hier unten.“Von dieser Zeit an hätte Bertha Middelhauv­e keine Kirche mehr betreten.

Der Vortrag „Chez Berthe – Leben und Wirken von Bertha Middelhauv­e“findet am 21. November um 19 Uhr in der Villa Römer in Opladen statt. Christine Blasberg und Reinhold Braun, beide Mitglieder der Abteilung Leverkusen-Niederwupp­er des Bergischen Geschichts­vereins, referieren über das Leben Middelhauv­es, die 1959 als erste Frau den Ehrenring der Stadt Leverkusen bekam.

Durch den Einblick ins Familienar­chiv können zum Vortrag auch zahlreiche Dokumente und Fotos gezeigt werden. Die Veranstalt­ung findet in Kooperatio­n mit dem Frauenring und der Reihe „Opladener Gespräche“statt. Eintritt ist frei.

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FOTO: UWE MISERIUS Mechthild Ruf hat ihre Mutter als temperamen­tvolle Person in Erinnerung.
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FOTOS: FAMILIENAR­CHIV MIDDELHAUV­E Mit dem Komitee der Sowjetfrau­en besuchte Bertha Middelhauv­e 1965 den Bayer-Konzern.

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