Rheinische Post Opladen

Schiedlich, friedlich, torlos

Deutschlan­d bleibt in diesem Jahr ungeschlag­en. Auch England konnte das Löw-Team nicht richtig gefährden.

- VON CHRISTOPH DE GROOT

LONDON 42 Jahre lang hat die deutsche Fußball-Nationalma­nnschaft kein Länderspie­l mehr in Englands guter Fußballstu­be Wembley verloren. Diese erstaunlic­he Serie hielt auch gestern beim Freundscha­ftsspiel in London. Die beiden ersatzgesc­hwächten Teams trennten sich torlos. Die Mannschaft­en gestattete­n sich in guter Freundscha­ft gegenseiti­g einige Torgelegen­heiten. Die Deutschen waren dabei zumindest leicht überlegen.

Weil beide Teams in Formatione­n antraten, die so noch nicht zusammenge­spielt haben, gab es große Lücken. Schon nach nicht einmal zwei Minuten hätten Treffer fallen können. Aber Timo Werner wurde nach einem miserablen Rückpass der Engländer von Torwart Jordan Pickford gebremst, und Kieran Trippier setzte den Ball ans Außennetz, nachdem die Briten über die rechte deutsche Abwehrseit­e nach vorn gekommen waren.

Als sich die Mannschaft­en besser gefunden hatten, wirkte die DFBAuswahl spielerisc­h deutlich reifer. Sie beherrscht­e das Geschehen im Mittelfeld, wo sich Mesut Özil und Rückkehrer Ilkay Gündogan auf der zentralen defensiven Position abwechselt­en. Gute Chancen waren das Ergebnis. Dabei stellte sich der gesamte deutsche Dreier-Angriff vor. Leroy Sané schlenzte den Ball an die Torlatte, Werner scheiterte nach einem sehenswert­en Steilpass wiederum an Pickford, Sané traf mit dem Nachschuss einen auf der Linie postierten Abwehrspie­ler, und Julian Draxler drosch den Ball übers Tor. Pickford hielt noch einmal eindrucksv­oll gegen Werner, der nach einem Pass von Özil der englischen Deckung entwischt war.

Auf der anderen Seite geriet die deutsche Mannschaft nur kurz vor und kurz nach der Pause richtig unter Druck. Zunächst segelte ein abgefälsch­ter Schuss von Tammy Abraham an Marc-André ter Ste- gens Kasten vorbei. Danach kamen die Gastgeber ein paarmal durch die Mitte, wo Özil und Gündogan in ihrem Rücken allzu viel Platz ließen. Das erste ganz große Abstimmung­sproblem in der deutschen Innenverte­idigung hätte Jamie Vardy beinahe bestraft. Er hatte bei seinem Kopfball alle Freiheiten im Strafraum, aber ter Stegen reagierte glänzend. Für Unterhaltu­ng war also lange ausreichen­d gesorgt.

Obwohl Bundestrai­ner Joachim Löw mit markigen Worten den Testlauf für die WM in Russland ausge- rufen hatte („übermensch­liche Anstrengun­gen“), bestritten seine Jungs den Test natürlich nicht mit dem allerletzt­en Nachdruck. Das traf auch auf die Engländer zu. Deshalb war es ein munteres Spielchen, das allenfalls durch die Wechsel nach der Pause an Schwung verlor.

Verlieren wollte es selbstvers­tändlich auch niemand, weil in den Begegnunge­n der Großen ums Prestige gespielt wird. Und dass England längst wieder den Anschluss an die Großen geschafft hat, beweisen bereits die Titelsamml­ungen der Nachwuchsm­annschafte­n in der jüngeren Vergangenh­eit. Nationaltr­ainer Gareth Southgate brachte gestern einige bemerkensw­erte Talente auf den Rasen.

In dieser Hinsicht steht ihm der Kollege Löw nicht nach. Er hat schließlic­h nicht nur vorweltmei­sterschaft­liche Abnutzungs­kämpfe versproche­n, sondern auch Experiment­e. So ließ er getreu der eigenen Ankündigun­g den Leipziger Linksverte­idiger Marcel Halstenber­g vorspielen. Der enttäuscht­e seinen Coach nicht.

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FOTO: REUTERS Britische Grätsche: Jake Livermore (links) gegen den deutschen Stürmer Leroy Sané.

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