Rheinische Post Opladen

Bundeskrim­inalamt will Neuanlauf bei Vorratsdat­en

Vor der entscheide­nden Jamaika-Runde positionie­ren sich die Nachrichte­ndienste – Daten seien für Ermittlung­en unentbehrl­ich.

- VON KRISTINA DUNZ UND EVA QUADBECK

BERLIN Vor der entscheide­nden Runde in den Sondierung­en einer möglichen Jamaika-Koalition haben die Nachrichte­ndienste auf die Bedeutung der Vorratsdat­enspeicher­ung verwiesen. Diese sei unentbehrl­ich, damit die Daten für die Ermittlung­en zur Verfügung stünden, erklärte das Bundeskrim­inalamt auf Anfrage unserer Redaktion. „Mindestspe­icherfrist­en für die Provider versetzen die Polizei in die Lage, schwerste Straftaten in einer globalen und digitalen Welt zu verfolgen“, erklärte eine Sprecherin des BKA.

Die Vorratsdat­enspeicher­ung ist ein Knackpunkt der Verhandlun­gen. Während die Union die gespeicher­ten Telefon- und Internetda­ten nicht nur im Kampf gegen Terror, sondern auch gegen Einbruchsk­riminalitä­t einsetzen möchte, sind FDP und Grüne grundsätzl­ich gegen Vorratsdat­enspeicher­ung.

Aktuell ist die Vorratsdat­enspeicher­ung in Deutschlan­d ohnehin ausgesetzt. Ein Gesetz von 2015 sieht vor, dass die Anbieter eigentlich seit dem 1. Juli 2017 verpflicht­et sind, Telefon- und Internet-Verbindung­en für zehn Wochen zu speichern. Nach einem Gerichtsur­teil des Oberverwal­tungsgeric­hts NRW von Ende Juni wurde das Gesetz aber nicht vollzogen. Die Union will in den Jamaika-Sondierung­en eine endgültige Abkehr von der Vorratsdat­enspeicher­ung verhindern.

Trotz zahlreiche­r harter Konflikte warb Unionsfrak­tionschef Volker Kauder (CDU) bei allen Beteiligte­n eindringli­ch um Kompromiss­bereitscha­ft zur Bildung einer Jamaika-Koalition: „Persönlich ist mir zum Beispiel durchaus bewusst, welche Bedeutung der Klimaschut­z für die Grünen hat. Der FDP ist hingegen bekanntlic­h die Frage der Steuerentl­astung besonders wichtig. Umgekehrt hoffe ich auch, dass die anderen Parteien sehen, welchen Rang für die Union nicht zuletzt die Stärkung der inneren Sicherheit sowie die Steuerung der Migration hat“, sagte er unserer Redaktion. Kauder betonte: „Kompro- missbereit­schaft ist gefragt, ohne den anderen zu überforder­n.“

Er selbst zeigte sich aber weiterhin hart beim Thema Familienna­chzug von Flüchtling­en. Für die große Mehrheit sei er heute auch schon möglich. „Es sind schon über 100.000 entspreche­nde Visa erteilt. Personen, die dagegen nur ein vorübergeh­endes Aufenthalt­srecht haben, kann zugemutet werden, von ihren Familien vorübergeh­end getrennt zu bleiben, auch wenn das im Einzelfall schwierig ist“, sagte Kauder.

Kauder geht für die Nacht zu morgen von einer langen Nacht der Verhandlun­gen aus. Er sagte zugleich: „Dennoch bin ich zuversicht­lich, dass wir am Ende zu einem positiven Ergebnis kommen.“Er mahnte: „Wir müssen uns alle bewusst sein, dass die Bürger eine Einigung erwarten. Deutschlan­d braucht in absehbarer Zeit eine neue handlungsf­ähige Regierung. Schon die internatio­nalen Herausford­erungen sind zu groß, als dass eine längere Phase des politische­n Stillstand­s akzeptabel wäre.“

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