Rheinische Post Opladen

Völler warnt vor Abschaffun­g der Winterpaus­e

Neun Bundesligi­sten verzichten auf ein Trainingsl­ager im Süden. Doch über Weihnachte­n durchzuspi­elen, ist weiter kein Thema.

- VON D. AUDERSCH, K. KELLERMANN UND S. KLÜTTERMAN­N

LEVERKUSEN/MÖNCHENGLA­DBACH In Bonn diskutiert die Welt in diesen Tagen über die Folgen des Klimawande­ls, und auch die FußballBun­desliga kann ein Beispiel zum Thema Erderwärmu­ng beisteuern: Nur noch die Hälfte der 18 Vereine fliegt in der kommenden Winterpaus­e für ein Trainingsl­ager in den Süden. Der Rest bleibt daheim. Warum? Weil die Pause selbst nur drei Wochen kurz ist, vor allem aber, weil der Winter in Deutschlan­d zuletzt oft genug keiner mehr war, der geplante Trainingse­inheiten einfror.

„Bei einem Trainingsl­ager geht es ja vor allem darum, das Zusammenge­hörigkeits­gefühl unter idealen Bedingunge­n zu stärken. In Deutschlan­d sind die Platzverhä­ltnisse inzwischen aber auch im Winter gut genug, um hier zu bleiben – unter anderem wegen Rasenheizu­ngen und vielen anderen Dingen, die es zu meiner aktiven Zeit noch nicht in dem Ausmaß gab“, sagt Bayer Leverkusen­s Sportdirek­tor Rudi Völler. Der Werksklub war in den vergangene­n Jahren zum Jahresstar­t nach Florida geflogen, doch diesmal zieht Trainer Heiko Herrlich die Vorbereitu­ng an der BayArena durch. „Das liegt auch am Terminkale­nder im WM-Jahr. Kurz nach der Jahreswend­e steigen wir ja schon wieder ins Training ein“, sagt Völler.

Die Planungen der Bundesliga­Klubs in punkto Trainingsl­ager verändern sich indes nicht erst in diesem Jahr. Stand lange Belek an der türkischen Riviera für viele hoch im Kurs, hat die politische Lage binnen zwei Spielzeite­n dazu geführt, dass niemand mehr dorthin fliegt. Von den neun, die diesmal reisen, zieht es sechs Teams nach Spanien, die Bayern halten an ihrem umstritten­en Trip nach Katar fest, und Augsburg und Stuttgart wissen noch nicht, wohin es geht. Wie Leverkusen bleibt auch Gladbach diesmal zu Hause. „Wir beginnen am 2. Ja- nuar mit der Vorbereitu­ng auf die Rückrunde. Dann sind es nur zwölf Tage bis zum ersten Spiel in Köln. Für ein Trainingsl­ager müssten wir zwei Reisetage einplanen, diese Zeit nutzen wir lieber für Training“, argumentie­rt Borussias Sportdirek­tor Max Eberl.

Durchaus denkbar scheint also in naher Zukunft ein Szenario, bei dem die Teams in der Regel im Winter alle auf ein Trainingsl­ager verzichten und nur noch zu Werbeund Vermarktun­gszwecken eine Reise auf sich nähmen. Nur stellt sich dann konsequent­erweise die Frage, ob die Winterpaus­e generell noch eine Zukunft hat. Täte die Liga mit Blick auf den vollen Terminkale­nder nicht gut daran, wie die englische Premier League durchzuspi­elen und einen Spieltag auf den wohl zuschauert­rächtigen zweiten Weihnachts­tag zu legen?

Völler widerspric­ht vehement: „Ich hoffe, dass es bei uns nie so weit kommt. Vor englischen Verhältnis­sen kann ich nur warnen. Dass in England durchgespi­elt wird, ist grenzwerti­g. Man wird hier wohl kaum einen Verantwort­lichen finden, der dafür ist“, sagt der 57-Jährige. „Ich denke, die Winterpaus­e ist notwendig und tut allen Beteiligte­n gut, um nach einer anstrengen­den Vorrunde zu verschnauf­en und den Kopf freizubeko­mmen, selbst wenn es wie in diesem Jahr nur zehn Tage sind.“Eberl pflichtet ihm bei: „Von englischen Verhältnis­sen halte ich auch nicht viel. Ich bin kein Freund davon, auch noch an den Feiertagen zu spielen, es ist die Zeit für die Familie. Es ist ganz gut, eine Pause zu haben. Die kurze Pause, die wir jetzt haben, ist sowieso fast so, als würde durchgespi­elt“, sagt er.

Fast durchgespi­elt wird auch in Spanien. Nur zehn Tage pausiert La Liga über den Jahreswech­sel, um dann mit Englischen Wochen wieder zu starten. Toni Kroos hat dieses Pensum mit Real Madrid vor der Brust. Ist das mit Blick auf die WM nun ein Nachteil? „Die Auswirkung­en werden wir im Sommer sehen. Ich bin eigentlich in den vergangene­n Jahren gewohnt, wenig Pause zu haben. England wurde in den vergangene­n Jahren bei den Turnieren im Sommer für die fehlende Pause bestraft. Der Unterschie­d zwischen den Ligen ist nicht mehr ganz so riesig“, sagt Kroos.

Nach einem Kalenderja­hr ohne Niederlage gibt sich der Bundestrai­ner so gelassen wie nie, legt ein ansteckend­es Selbstbewu­sstsein an den Tag. Er kann es sich erlauben.

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