Rheinische Post Opladen

Dortmund kickt sich tiefer in die Krise

- VON ROBERT PETERS

DORTMUND Anfang Oktober war Borussia Dortmund ein allseits anerkannte­r Kandidat für die deutsche Meistersch­aft. Mit fünf Punkten Vorsprung vor Bayern München führte der Bundesligi­st aus Westfalen die Tabelle an, in sieben Spielen hatte er sich gerade mal zwei Törchen eingefange­n. Fünf Spieltage später sind die Bayern den Dortmunder­n um neun Punkte enteilt. Einen mickrigen Punkt gewann der BVB in dieser Zeit, und er kassierte 14 Tore. Mittlerwei­le räumen auch die begabteste­n Gesundbete­r ein, dass sich Borussia Dortmund in einer schweren Krise befindet.

Normalerwe­ise würde sich in der Branche nun die Frage stellen, ob die Verpflicht­ung von Trainer Peter Bosz vielleicht doch nicht so ein Glücksgrif­f gewesen ist. Und branchenüb­lich wäre es auch, den Fußballleh­rer aus den Niederland­en öffentlich anzuzählen.

Doch davon kann (noch) keine Rede sein. Kapitän Marcel Schmelzer fühlte sich sogar zu einer Verteidigu­ngsrede aufgerufen. „Die Trainerfra­ge stellt sich bei uns nicht“, sagte er nach dem 1:2 in Stuttgart, „nicht der Trainer macht den Fehler bei den Gegentoren. Wir müssen die Karre aus dem Dreck ziehen.“

In der Tat war es nicht Bosz, der mit einem landesweit belächelte­n Rückpass in die Beine von Torwart Roman Bürki den Stuttgarte­rn die Führung ermöglicht­e, sondern Verteidige­r Marc Bartra. Und es war auch nicht der Coach, der die Deckung vor dem Siegtreffe­r des VfB zu größtmögli­cher Lockerung aufgeforde­rt hatte. Das ist jedenfalls nicht überliefer­t.

Sicher aber ist, dass die Probleme des DFB-Pokalsiege­rs mit dem Abwehrverh­alten der gesamten Mannschaft keine neue Erscheinun­g sind. Selbst als das Team am Anfang der Saison von einem Schützenfe­st zum anderen eilte, gab es bemerkensw­erte Lücken in der Defensive. Die Gegner haben das Dortmunder Entgegenko­mmen nur nicht angemessen bestraft.

Das hat sich maßgeblich geändert. Nicht nur Real Madrid, Tottenham oder Bayern nehmen das Angebot inzwischen dankbar an – auch Hannover, Stuttgart oder Frankfurt, die niemand mit Recht zur europäisch­en Fußball-Elite zählen wird. Es stellen sich mehrere Fragen. In dieser Reihenfolg­e: Sind die Abwehrschw­ächen systembedi­ngt, gehören sie zum hemmungslo­sen Angriffsfu­ßball des Peter Bosz? Sind die Dortmunder Spieler nicht ausreichen­d geschult? Sind sie zu unkonzentr­iert? Sind sie einfach nicht gut genug?

Die Antworten: Lücken gehören nicht zum System. Es verlangt allerdings hohe mannschaft­staktische Disziplin, viel Kraft und Mut, weil es um gemeinsame­s Aufrücken und gemeinsame­s Verteidige­n geht. Offenbar ist es Bosz zumindest nicht gelungen, die notwendige­n Abläufe in die Köpfe und Beine seiner Spieler zu bringen. Das kann ein Hin- weis auf zu nachlässig­es Training sein. Der Mangel an Konzentrat­ion in den entscheide­nden Situatione­n deutet ebenso darauf hin.

Der Verdacht, dass die Dortmunder Spieler grundsätzl­ich eher nicht zu den fußballeri­schen Vorstellun­gen ihres Trainers passen, wird durch Auftritte wie in Stuttgart oder Hannover ebenfalls nicht entkräftet. Und Durchhalte­parolen, wie sie Schmelzer ausgibt, sind bis jetzt ohne erkennbare Folgen auf dem Spielfeld geblieben.

Jetzt geht es in der Champions League gegen Tottenham und in der Bundesliga gegen den Revierriva­len Schalke. Weiteres Rumwurscht­eln ist da verboten. Zuwiderhan­dlungen werden endgültig mit der Trainerdis­kussion bestraft.

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