Rheinische Post Opladen

Mit 45 Jahren noch ganz oben

Claudia Pechstein gewinnt nach drei Jahren wieder ein Weltcup-Rennen. Mit ihrem Erfolg in Stavanger über 5000 Meter löst die Berlinerin auch das Ticket für die Olympische­n Winterspie­le in Pyeongchan­g – es werden ihre siebten sein.

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STAVANGER (dpa/sid) Claudia Pechstein wirkte im Ziel wie berauscht. „Unglaublic­h, wirklich unfassbar“, jubelte die fünfmalige Olympiasie­gerin nach ihrem Coup im norwegisch­en Stavanger. Zuvor war sie quer durch die Arena geeilt und ihrem Lebensgefä­hrten Matthias Große in die Arme gefallen – ein breites Lächeln im Gesicht. Mit 45 Jahren hat die Berlinerin mit ihrem Erfolg über 5000 Meter ein kleines sportliche­s Wunder vollbracht. Als älteste Weltcupsie­gerin der Eisschnell­lauf-Geschichte machte sie nicht nur die Teilnahme an ihren siebten Olympische­n Winterspie­len perfekt, sondern avancierte auch zur Mitfavorit­in für den Wettkampf in Pyeongchan­g. Für das Olympia-Ticket hätte bereits Platz acht gereicht.

Ein Sponsor und guter Freund reagierte sofort auf den sensatione­llen Erfolg und spendierte ihr den Rückflug von Stavanger nach Berlin in einem privaten Lear-Jet. „Das, was heute passiert ist, kann man nicht beschreibe­n“, sagte Pechstein. „In diesem Alter wird wohl nie wieder einer Athletin ein Weltcupsie­g gelingen“, ergänzte sie. Aber für Pyeongchan­g habe das Resultat keine Aussagekra­ft. „Außer, dass ich jetzt aufgrund der guten Zeit auch einen guten Startplatz bei Olympia erhalten werden“, meinte sie, während Matthias Große bei einer Wette gegen Bart Schouten ein Fläschchen Hochprozen­tigen gewann. Der ehemalige Bundestrai­ner hatte auf die am Ende zweitplatz­ierte Kanadierin Ivanie Blondin gesetzt.

Robert Bartko (Potsdam), seit Dezember 2014 als Sportdirek­tor bei der Deutschen Eisschnell­lauf-Gesellscha­ft (DESG) angestellt, war begeistert. „Das ist sensatione­ll. Claudia hat wieder gezeigt, was in ihr steckt. Sie hat die Erfahrung, das Tempogefüh­l und eine super Kondition. Das war ein positives Zeichen Richtung Olympia“, meinte der ehemalige Bahnradspo­rtler, der von den Olympische­n Spielen 2000 in Sydney mit zwei Goldmedail­len (Einzel und Teamverfol­gung) zurückgeke­hrt war.

Pechsteins Runden-Plan war auf eine Zeit von 6:57 bis 7:00 Minuten ausgericht­et. „Irre, dass es nun sogar noch besser lief. Jetzt heißt es, gesund bleiben und die Form ausbauen“, meinte sie, nachdem sie in Bahnrekord­zeit gewonnen hatter. „Natürlich habe ich nach meinem Lauf noch etwas gebangt. Aber als Sablikova auch nicht an die Zeit herankam, ist meine Hoffnung auf den Sieg gewachsen“, sagte Pechstein. Ihr bislang letzter Weltcuperf­olg war ihr – auch über 5000 Meter – vor drei Jahren in Seoul gelungen. Ihren ersten von jetzt 33 hatte sie vor 26 Jahren erkämpft. Sotschi-Olympia- siegerin Sablikova aus Tschechien kam mit einer Zeit von knapp unter sieben Minuten ins Ziel und musste sich nach Rückenprob­lemen am Ende mit Platz drei zufriedeng­eben.

Auch Familie Dufter durfte in Norwegen jubeln. Die Geschwiste­r Joel (Neunter über 1000 Meter) und Roxanne (Elfte über 1500 Meter) knackten jeweils zum zweiten Mal die halbe Olympia-Norm (Platz unter den besten 16) und erleben in Pyeongchan­g ihr Olympia-Debüt. „Natürlich habe ich mich gefreut, dass Joel es gepackt hat. Aber anderersei­ts hat dies den Druck auf mich erhöht, das auch zu schaffen“, sagte Roxanne, die ihre bisher beste Weltcup-Platzierun­g nur um zwei Plätze verfehlte.

Gestern zog Patrick Beckert (Erfurt) nach. Der WM-Dritte wurde über 10.000 Meter in 13:04,97 Minuten Siebter. Moritz Geisreiter (Inzell) verpasste als Neunter in 13:08,87 Minuten die direkte Olympia-Norm, durfte aber dennoch strahlen. Da beim Weltcup vor einer Woche in Heerenveen vier Niederländ­er über 5000 Meter vor ihm platziert waren, aber nur drei bei Olympia starten dürfen, rutsche er von Rang neun auf Platz acht – das war das direkte Olympia-Ticket.

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FOTO: DPA Lächeln für die Fotografen; von links: Ivanie Blondin (22) aus Kanada (Zweite), Siegerin Claudia Pechstein (45/Berlin) und Martina Sablikova (30/Tschechien).

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