Riesiger Protest gegen Deponie-Öffnung
Die Veranstalter sprachen von 500 Teilnehmern, die Polizei von 3800, die am Samstag in einem Demonstrationszug mit plakativen Sprüchen vom Rhein über die City zum Stadion zogen. Ankündigung: Es soll weiteren Protest geben.
LEVERKUSEN. Eine der größten Demonstrationen in der Stadt in den vergangenen zehn Jahren ist am Samstag friedlich zu Ende gegangen. Nach offiziellen Schätzungen hatten sich insgesamt rund 5000 Menschen – die Polizei spricht von eher rund 3800 – an dem Marsch vom Rheinufer über die Innenstadt bis zum Stadion beteiligt, um akustisch und optisch heftig gegen den geplanten Neubau der Leverkusener Rheinbrücke und einen Eingriff in die Giftmülldeponie Dhünnaue zu protestieren.
Darunter waren – im Gegensatz zu bisherigen Kundgebungen – auffallend viele junge Leute und Familien. Beispielsweise auch Simone Seidenberg und Marco Klee aus Opladen mit zwei Kindern. Sie seien bisher überwiegend passiv gewesen, gestanden beide, obwohl sie sich in die Unterschriftenliste eingetragen hatten. „Wir sorgen uns vor den unwägbaren Folgen, wenn die Deponie geöffnet wird“, unterstrich Marco, während Simone betonte: „Wir wollen, dass die Kinder in einer gesunden Umgebung aufwachsen.“
Gleich mit der gesamten Familie war Mark Kanzler aus Hitdorf angereist, um mit Schutzanzügen und – Masken ein Horrorszenario unter dem Motto „Familienausflug Leverkusen 2020“aufzuzeigen. Wer so menschenverachtend agiere, wie die Politik, betonte Kanzler, trete die Erkenntnis „Heute schon an Morgen denken“mit Füßen. Klaus Georg Stamm von der Bürgerinitiative Rheintunnel Leverkusen bezeichnete das Ereignis als „Auge des Sturms“und erklärte, man habe schon vor Jahren darauf hingewiesen, dass sich Staus durch den Brückenbau „strangulierend auf die gesamte Stadt auswirken“würden, und zwar in einer Größenordnung „die wir bisher nicht kannten“.
Zur Kundgebung aufgerufen hatten der Fan-Dachverband „Nordkurve 12“und die Ultras Leverkusen, unterstützt wurden sie von dem Bürgerinitiativ-Zusammenschluss „Lev muss leben“. Mitorganisator Ulrich Wissing war am Ende hochzufrieden und begeistert über den großen Zuspruch. „Das ist ein Zeichen, das kann auch die Politik nicht überhören“, bemerkte der junge Mann, der vor neun Jahren den Vorsitz beim Dachverband übernommen hat und dessen Herz an Leverkusen hängt, obwohl er in Mettmann wohnt.
In der Stadt habe es schon lange gebrodelt, jetzt sei es endlich an die Oberfläche gekommen. Und: „Das, was bisher geschehen ist, war erst der Anfang“, kündigte Wissing an und ergänzte: „Die genaue Form steht noch nicht fest, aber es wird weitere Aktionen geben.“Dahinter steht vor allem ein Ziel: Die offenen Beschlüsse in der Politik doch noch zu beeinflussen. Denn dass der wütende Protest trotz allem nicht zu spät kam, obwohl das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Rechtmäßigkeit der Planungen zum Brückenbau bestätigt hat(die Initiative NGL hatte gegen das Planfeststellungsverfahren geklagt), davon waren neben Wissing an dem Tag viele andere Teilnehmer überzeugt, denen es nicht um Parteien, sondern alleine um die Sache ging.
Das verdeutlichte nicht zuletzt ein Plakat auf der Demonstration am Samstag mit der Aufschrift „Egal war gestern.“Noch sei alles möglich, betonte Erhard Schoofs beim Protest, „sonst würde sich keiner die Mühe machen. Der Druck muss weiter erhöht werden“, verdeutlichte der Politiker, der in seinen Bemühungen schon seit einiger Zeit, aber speziell seit dem Fest unter der Stelze im Sommer durch die Fangemeinde von Bayer 04 Leverkusen unterstützt wird. Aktuell liegen Unterschriftenlisten in rund 170 Geschäften in Leverkusen und Umgebung aus. „Die Geschichte zieht Kreise, die weit über Leverkusen hinausgehen“, merkte Wissing überzeugt an.