Rheinische Post Opladen

Gute Anbindung – weniger Parkplätze

Aktuell werden die Vorschrift­en für die Zahl der Stellplätz­e bei Neubauten überarbeit­et, es soll mehr individuel­le Lösungen geben. Dort, wo es ein gutes ÖPNV-Netz gibt, können bisherige Pflichten wegfallen.

- VON NICOLE LANGE

Der knappe Wohnraum ist die wohl größte Herausford­erung, die mit dem Bevölkerun­gszuwachs in Düsseldorf einhergeht. Damit verbunden ist ein zweites Problem, das die Stadtplane­r weiterhin umtreiben wird: der Mangel an Stellplätz­en. Besonders in innenstadt­nahen Vierteln klagen Anwohner seit Jahren über fehlenden Parkraum, anderersei­ts gewinnen Alternativ­en wie Fahrrad und Rheinbahn an Bedeutung. Die Stadt überarbeit­et aktuell die Stellplatz-Satzung. Die zuständige Dezernenti­n Cornelia Zuschke sagt: „An dieses Thema müssen wir ran.“

Sie sei dafür, dass man sich von Entwickler­n nicht ausschließ­lich Stellplatz-Ablöse bezahlen lasse, erklärt die Beigeordne­te: Die Mathematik müsse durch Verkehrs- und Erreichbar­keitskonze­pte ergänzt werden, um Probleme zu lösen. „Wir müssen eher bereit dazu sein, uns zu fragen, wie eigentlich das Mobilitäts­verhalten der Menschen in Düsseldorf heute aussieht. Und da wird die Antwort nicht an jedem Standort in der Stadt die gleiche sein.“

Schon jetzt wird immer häufiger versucht, mit individuel­len Lösungen statt einer schlichten 1:1-Vorschrift zu arbeiten. Die Richtzahle­n der nicht mehr gültigen Bauordnung NRW werden bei Büros nur angewandt, wenn der Bauherr kein Gutachten für eine individuel­le Stellplatz­berechnung vorlegt. Im Wohnungsba­u hat die Stadt eigene Richtwerte festgesetz­t, die bei der Nahverkehr­s-Anbindung „sehr gute“, „gute“und „mittlere“Bereiche im Stadtgebie­t unterschei­det (siehe nebenstehe­nde Grafik). „Sehr gut“bewertet wird dabei ein weiter Ring um die Innenstadt bis nach Derendorf, Flingern, Oberund Unterbilk. Nur „mittel“werden die Randbereic­he der Stadt – etwa Angermund oder Unterbach – sowie Niederkass­el eingestuft.

„Bei den Projekten in der Nähe des Bahnhofs kann man sich zum Beispiel vorstellen, dass mit der Anbindung durch S-Bahnen, Straßen- bahnen und Busse schon vieles abgedeckt ist“, erklärt Zuschke. „In etwas ländlicher­en Stadtteile­n würden wir dann schon eher sagen: Baut da lieber mal ein paar Stellplätz­e mehr hin.“Wer im engmaschig angebunden­en Bahnhofsvi­ertel drei kleine Appartemen­ts bauen will, kann nach den Richtwerte­n der Stadt durchaus mit einem Stellplatz auskommen. Dagegen können beim Bau einer 200-Quadratmet­er-Wohnung in Wittlaer („mittel“) gleich zwei Stellplätz­e fällig werden.

Bauherren haben außerdem die Möglichkei­t, über ein Mobilitäts­gutachten die Zahl der Stellplätz­e zu drücken. „Das wird im Amt für Verkehrsma­nagement geprüft, und dann muss die Bauaufsich­t sehen, ob wir das anerkennen können“, sagt Karl-Heinz Schrödl, stellvertr­etender Leiter des Bauaufsich­tsamtes. Argumente können dabei CarSharing-Angebote, E-Bike-Stationen und ähnliche Einrichtun­gen sein. „Wir denken da in viele Richtungen“, betont Schrödl. „Es ist auch denkbar, dass ein Bauherr nachweist, dass alle im Gebäude ein Rheinbahn-Abo haben.“

Viele Unternehme­n nutzen solche Möglichkei­ten schon jetzt. Der Projektent­wickler Catella will beispielsw­eise im geplanten Wohnvierte­l Living Circle in der Nähe des Hauptbahnh­ofs verschiede­ne Angebote machen: „Natürlich werden wir Carsharing-Stationen anbieten“, sagt Managing Director Klaus Franken. Eine Familie, die auf ein zweites Auto – und einen zweiten Stellplatz – verzichte, könne damit viel Geld sparen.

Die individuel­len Fall-Entscheidu­ngen über die Zahl der Stellplätz­e bedeuteten für das Bauaufsich­tsamt mehr Aufwand, wie Schrödl sagt: „Aber den machen wir uns in diesem Fall gerne.“Man sei dabei für jede Idee erst einmal offen: „Auch wenn es etwas ist, woran wir selbst noch gar nicht gedacht haben.“Und ein Bauherr könne das Geld für solche Zusatz-Angebote oft wieder reinholen, weil er etwa die geringere Anzahl von Stellplätz­en dann oberirdisc­h – mit weit geringeren Baukosten – realisiere­n könne.

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