Rheinische Post Opladen

Der Spieler

Am Mittwoch wird Boris Becker 50 Jahre alt. Die ARD zeigt heute ein 90-minütiges Porträt des „ Jungen aus Leimen“.

- VON WOLFGANG MÜLLER

MÜNCHEN (dpa) Die Frage, wie er seinen 50. Geburtstag feiern wolle und ob diese Zahl eine besondere Bedeutung habe, geht Boris Becker zu weit. „Bis jetzt war die Fragerunde sympathisc­h, jetzt erinnern Sie mich daran, dass ich älter werde. Das ist ein privates Thema, das ich nicht öffentlich besprechen möchte“, sagt Becker und schmunzelt.

Im beigefarbe­nen Fischgrät-Sakko sitzt er auf einem improvisie­rten Podium im Vereinslok­al des TC Ismaning vor den Toren Münchens. Mit leichter Verspätung direkt aus London gekommen, referiert Boris Becker über die Situation im deutschen Herrentenn­is, lobt Jungstar Alexander Zverev und betont wieder einmal, dass sein neuer Job im Verband „eine Herzensang­elegenheit“für ihn sei. Fragen nach seinem Privatlebe­n oder seiner finanziell­en Situation sind nicht gestattet.

„Seit über 30 Jahren lebe ich öffentlich. Dafür zahlt man einen Preis“, sagt Becker in der sehenswert­en 90-minütigen Dokumentat­ion „Boris Becker – Der Spieler“, die die ARD heute um 20.15 Uhr ausstrahlt. Die Autoren Hans-Bruno Kammertöns und Michael Welch begleiten seit Ende 2016 die öffentlich­en Auftritte Beckers. Sie filmen in seinem Haus im Londoner Stadtteil Wimbledon und beobachten Beckers Frau Lilly beim Kochen, sie sind in den Ferien in Ibiza dabei oder bei einem Auftritt in der engli- schen Eliteunive­rsität Cambridge. Sie dürfen bleiben, wenn Becker auf dem OP-Tisch liegt oder mit dem Hubschraub­er über Monte Carlo fliegt.

„Wenn ich zurückblic­ke auf mein Leben, das macht man, glaube ich, zum ersten Mal mit 50 als Mann, dann habe ich mehr richtig gemacht als falsch“, sagt Becker. Am 7. Juli 1985 verzaubert er im Alter von 17 Jahren die Tenniswelt mit seinem ersten Wimbledon-Titel. Und viele Jahre wird Becker einfach nur „der 17-jährige Leimener“bleiben.

Übermorgen wird Boris Becker 50 Jahre alt – und zu seinem Geburtstag tritt all das Widersprüc­hliche, Nicht-Greifbare, im wahrsten Sinne des Wortes Unfassbare in seiner Biografie wieder zutage. Becker fasziniert mit seinem mitreißend­en Spiel, seinen Hechtrolle­n am Netz, seinen blutigen Knien und seiner Rivalität mit John McEnroe & Co. Er irritiert aber auch mit der Besenkamme­r-Affäre, aus der ein uneheliche­s Kind hervorgeht, oder peinlichen TV-Auftritten mit einer Fliegenkla­tsche am Kopf. Becker trifft den Papst in Rom, schüttelt Lady Diana die Hand, spricht mit Bundeskanz­ler Helmut Kohl und wird ins Weiße Haus eingeladen. Er wird zu einer der wenigen deutschen Sportlegen­den.

1986 und 1989 siegt er erneut auf dem Heiligen Rasen. Während seiner Karriere feiert er 49 Turniersie­ge, sechs Grand-Slam-Titel und klettert am 28. Januar 1991 auf Platz eins der Weltrangli­ste. 1988 und 1989 gewinnt Becker den Davis Cup für Deutschlan­d. Doch nach dem Ende seiner Karriere folgen von der Öffentlich­keit ausgeschla­chtete Affären im Privatlebe­n.

Seit dem Sommer 2017 sorgen Meldungen über Beckers finanziell­e Situation für Schlagzeil­en. Nach seinem öffentlich­en Auftritt in Ismaning Mitte Oktober gibt er noch zwei lange Interviews. Er räumt ein, dass gegen ihn privat ein Insolvenzv­erfahren laufe, sagt aber auch: „Es ist irrsinnig zu glauben, ich sei pleite.“

Das Verhältnis der Deutschen zu ihrem „Bobbele“, wie er damals so gern genannt wurde, ist ambivalent bis angespannt. (Wie) kann das sein, fragen sich viele Menschen. Erst als der Deutsche Tennis Bund ihn Ende September mit reichlich Tamtam und einer Erwähnung in der 20-Uhr-Tagesschau als Head of Men’s Tennis im DTB vorstellt, steigen die Sympathiew­erte in der öffentlich­en Wahrnehmun­g wieder an. „Der Spieler“, ARD, 20.15 Uhr

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FOTO: DPA Der Becker-Hecht: Als 17-Jähriger gewann Boris Becker erstmals Wimbledon – und wurde über Nacht zum Weltstar.

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