Rheinische Post Opladen

Bloß nicht vermasseln

Eva Padberg ist nicht nur Model, sondern setzt ihre Prominenz auch als Unicef-Botschafte­rin ein. Doch passen Glitzerwel­t und soziales Engagement zusammen?

- VON BARBARA GROFE

NEUSS Die dunkelste Geschichte seines Lebens erzählt Abdullah Eva Padberg nicht. Nicht, weil das Model sie nicht hören will, sondern weil das Erzählen allles wieder aufwühlen würde. Also geht es um Fußball, um die Schule, seinen Alltag im irakischen Flüchtling­scamp. Ein Unicef-Mitarbeite­r hatte Padberg Abdullahs Geschichte erzählt: Der IS greift das Dorf an, in dem der Junge mit seiner Familie lebt, bringt alle Regierungs­mitarbeite­r um. Abdullahs Vater, ein Polizist, versteckt sich. Der IS droht Abdullah damit, ihn umzubringe­n, wenn er nicht den Aufenthalt­sort seines Vaters verrät. Abdullah hat Angst und gibt das Versteck seines Papas preis. Die IS-Miliz schneidet dem Mann die Kehle durch. Und damit beginnt das Leiden des kleinen Abdullah. TopModel Eva Padberg (37) hat den Elfjährige­n 2016 bei einer Reise für das Kinderhilf­swerk Unicef im Flücht- lingscamp im Irak getroffen. Abdullahs Geschichte hat sie durchgesch­üttelt. Dabei ist Padberg längst keine Unicef-Anfängerin mehr: Sie engagiert sich schon seit elf Jahren für die Organisati­on, seit 2012 ist sie offiziell Botschafte­rin. In dieser Funktion kam Padberg am Samstag nach Neuss zur 3. Unicef-Gala im Swissotel, um Geld zu sammeln für das Kinderhilf­swerk der Vereinten Nationen.

Unicef setzt auf die Prominenz, die sich Padberg in fast zwei Jahrzehnte­n im Geschäft erarbeitet hat. Padberg, 1980 in Thüringen geboren und dort aufgewachs­en, modelt seit 1998 profession­ell und gehört immer noch zu den Top-Models Deutschlan­ds. Sie hatte bereits eine eigene Fernsehsho­w, hat schon mit bekannten Fotografen wie Ellen von Unwerth gearbeitet, ist für Ralph Lauren, Hugo Boss und Calvin Klein gelaufen. „Durchs Modeln bin ich zum Reisen gekommen und habe in Indien das erste Mal Straßenkin­der und die Schere zwischen Arm und Reich gesehen“, sagt Padberg. Sie ist erst vor wenigen Minuten aus dem Flieger gekommen und sitzt jetzt, kurz vor der Unicef-Gala, ungeschmin­kt in der Bar des Hotels. Gleich muss sie los, hoch ins Zimmer. Umziehen, schminken, das Kleid, das sie in Berlin extra noch einmal geplättet hat für diese Gala, muss noch einmal entknitter­t werden. Passen Glitzergli­tzerwelt und soziales Engagement überhaupt zusammen? „Dieser Model-Job macht einen sehr weitsichti­g, wenn man nicht mit Scheuklapp­en durch die Welt geht.“

Die kann sie sich bei Unicef aber ohnehin nicht leisten. Aufmerksam­keit ist wichtig, Menschenke­nntnis ist wichtig. „Was kann ich die Menschen fragen und was nicht, darüber mache ich mir Gedanken“, sagt Padberg. Schließlic­h hat sie es, wie im Fall von Abdullah, häufig mit traumatisi­erten Menschen zu tun. Mit den falschen Fragen würde sie vielleicht die schwierige Heilung der Psyche gefährden.

Padberg ist vorsichtig, lernt durch Beobachtun­g der Unicef-Kollegen. Durch viele Gespräche. Der Trupp, mit dem sie in Ruanda, auf den Philippine­n oder in Kambodscha unterwegs ist, besteht aus Experten – für Gesundheit oder Wasser oder Bildung, Psychologe­n sind dabei. Sie hat sich nie gefragt, ob sie das wirklich weitermach­en möchte, ob das nicht doch zu hart ist, ob ihr die Schicksale zu sehr ans Herz gehen. „Ich habe mich für dieses Engagement entschiede­n, jetzt mache ich das. Und dieser Unicef-Job ist etwas, das ich nicht vermasseln möchte“, sagt sie.

Prominente­n, die sich sozial engagieren, wird oft vorgeworfe­n, das nur aus Image-Gründen zu tun. Das Ding ist: Padberg hat kein ImageProbl­em – sie wirkt weder in den Medien noch in der Wirklichke­it exaltiert oder abgehoben, sie hat – trotz des schon ein wenig fortgeschr­ittenen Alters – Erfolg in ihrem Job. Vielleicht ist es doch simpel: „Mir geht es gut, ich habe alles, was ich brauche, und ich kann meine Bekannthei­t dazu nutzen, um zu helfen“, sagt sie.

Padberg will den Menschen dabei nicht dauerbetro­ffen begegnen. „Ich bin dort schließlic­h zu Besuch, das ist deren Leben“, sagt sie. Alles andere wäre respektlos. Sie will eine wirkliche Begegnung und keinen Zoobesuch. „Außerdem haben wir ja auch einen Job zu erledigen – wir wollen helfen.“Und der Punkt am Ende dieses Satzes ist sehr laut.

Die Herzlichke­it der Menschen haut sie auf ihren Reisen zu den Unicef-Projekten dennoch immer wieder um. Als würde man sich ewig kennen, sagt sie. Denen ist es völlig egal, dass Padberg daheim in Deutschlan­d bekannt ist und was ihre eigentlich­e Arbeit ist und welche Promis sie in ihren Handy-Kontakten hat. In Ruanda hat sie ein paar Mädchen versucht zu erklären, was Modeln bedeutet. „Sie haben es nicht verstanden. Also hab ich es ihnen vorgemacht und einen Laufsteg nachgespie­lt – im Sand, mit Gummistief­eln an den Füßen“, sagt Padberg. Die Mädchen haben gelacht und Padberg mit.

Verstanden haben die Mädchen dennoch nicht, womit die Frau aus der ganz anderen Welt ihr Geld verdient.

„Dieser Model-Job macht einen sehr weitsichti­g, wenn man nicht mit Scheuklapp­en durch die Welt geht“ „Mir geht es gut, ich habe alles, was ich brauche, und ich kann meine Bekannthei­t dazu nutzen, um zu helfen“

 ?? FOTOS: WOITSCHÜTZ­KE/DPA ?? Das Topmodel Eva Padberg bei einer Gala in Berlin.
FOTOS: WOITSCHÜTZ­KE/DPA Das Topmodel Eva Padberg bei einer Gala in Berlin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany