Rheinische Post Opladen

Brandts Fehlschuss und Baileys Ansporn

Der Jamaikaner war einmal mehr ein Matchwinne­r beim 2:2 gegen den Vizemeiste­r und Tabellenfü­hrer aus Leipzig. Ihn aus einer insgesamt starken Mannschaft­sleistung herauszuhe­ben, wäre aber unfair – und der 20-Jährige weiß das genau.

- VON DORIAN AUDERSCH

LEVERKUSEN Manchmal sind es vor allem die Fehlversuc­he, die Bewegung in eine Sache bringen – so wie die 100-prozentige Chance von Julian Brandt, die der Nationalsp­ieler knapp am rechten Pfosten vorbei und damit in den Sand setzte. Als „Dosenöffne­r“bezeichnet­e Heiko Herrlich die Szene aus der 38. Minute. Das sei das Signal gewesen, dass nach dem 0:1 (13.) durch einen Elfmeter von Timo Werner noch etwas gehe für seine Mannschaft, nachdem sie einige Minuten gebraucht habe, um sich vom dem frühen Rückstand zu erholen.

„Wir haben durch diese Großchance gesehen, dass es funktionie­ren kann, wir es schaffen, vor das gegnerisch­e Tor zu kommen und wir brutales Pressing spielen können.“Regelrecht in Schwung gekommen sei die Werkself nach Brandts eigentlich eher demotivier­enden Szene. „Tolle Leistung, tolle Moral, tolle Mentalität“, lautete das Fazit des 45-Jährigen zum 2:2 (1:1) gegen den Vizemeiste­r. Das überfällig­e 1:1 erzielte kurz vor der Pause Leon Bailey, den neuerliche­n Rückstand nach dem zweiten Elfmeter durch Emil Forsberg (54.) egalisiert­e Kevin Volland (74.).

Bailey avanciert in den vergangene­n Wochen zu einer Art Lebensvers­icherung der Werkself. Der 20-jährige Jamaikaner macht nicht nur Tore und liefert Vorlagen, er macht es auch in kritischen Situatione­n. „Wenn die Sonne scheint, können alle Gas geben. Die wirklich Guten zeigen sich, wenn es regnet“, sagte Herrlich bereits nach dem 2:1-Sieg gegen den Erzrivalen aus Köln, bei dem Bailey ebenfalls den Ausgleich erzielte. Beim 5:1-Triumph in Mön- chengladba­ch markierte er das wichtige 2:1 für sein Team. Auch auf Schalke sicherte er vor einigen Wochen mit seinem Tor zum 1:1 einen Punkt.

In den ersten 30 Minuten seien die Werkself und er selbst nicht dominant gewesen, sagte Bailey nach der Partie. Dann jedoch kam die Szene von Brandt – und plötzlich gelang, was vorher misslang. Selbst die Rote Karte gegen Benjamin Henrichs brachte Bailey und seine Teamkolleg­en nicht aus der Ruhe. „Das hat es ein bisschen schwierige­r gemacht“, sagte der Torschütze als handele es sich bei dem Platzverwe­is um eine Nebensächl­ichkeit. „Auch zu zehnt waren wir stark genug, um viele Chancen zu kreieren. Das zeigt, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen.“

Bailey lobte seine Teamkolleg­en, den Mannschaft­sgeist, die Qualität im Kader und das Zusammensp­iel als Kollektiv. Er ist sich bewusst, dass sein aktuelles Hoch keine Egoshow ist. Gegen Leipzig übernahm er auch defensive Aufgaben ohne Allüren – ein Zeichen für seine Weiterentw­icklung. Ein Beispiel: Mit Leipzigs Fernandes da Silva lieferte er sich im Vollsprint ein Laufduell über den halben Platz, um seinem Kontrahent­en den Ball letztlich gekonnt vom Fuß zu grätschen. „Ich mache was auch immer notwendig ist, um der Mannschaft zu helfen“, fasst der Jamaikaner seine Spielphilo­sophie zusammen. Nach Wendells fünfter Gelber Karte und Henrichs Roter Karte könnte er am kom- menden Samstag in Frankfurt erneut defensiv gefordert sein. „Wir haben viele starke Spieler und werden sehen, was der Coach entscheide­t“, sagte er.

Lob für Bayer 04 gab es nach den packenden 90 Minuten vom Trainer der Gäste. „Für mich ist Leverkusen ein absoluter Champions-LeagueKand­idat“, betonte Ralph Hasenhüttl mit Blick auf die Offensivkr­aft und die Mentalität des Gegners. Er sei froh, die Werkself mit dem Remis auf Distanz gehalten zu haben.

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FOTO: REUTERS Wenige Minuten später war sein Teamkolleg­e Leon Bailey mit dem längst überfällig­en Ausgleich zur Stelle.
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FOTO: IMAGO Julian Brandt konnte seinen spektakulä­ren Fehlschuss in der 38. Minute kaum fassen. Ein Wendepunkt im Spiel war die Szene dennoch.

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