Dementer Senior: Bußgeld für Ausruhen an Haltestelle?
Ein im Internet kursierendes Schreiben des Ordnungsamtes an einen 83-Jährigen hat gestern für heftige Diskussionen gesorgt. Darin wird von dem Mann ein Verwarnungsgeld von 35 Euro verlangt, weil er sich am 17. November für einige Minuten an die Bushaltestelle Friedrich-Ebert-Platz am Hauptbahnhof gesetzt habe. Ein – nach eigenem Bekunden – Betreuer des Mannes veröffentlichte ein Foto des Briefs bei Facebook und schrieb, der Senior sei dement, herzkrank und habe sich kurz gesetzt, als er mit seiner Hündin unterwegs war.
Der Beitrag wurde von vielen Nutzern geteilt, mittags aber wieder gelöscht. Die Echtheit und das Zustandekommen des Briefes konnten gestern nicht abschließend geklärt werden. Der Verbreiter des Beitrags war nicht zu erreichen. Eine StadtSprecherin erklärte aber, dass es Kontrollen der Haltestellen und entsprechende Verwarngelder durchaus gebe. Wenn ein Fehler gemacht worden sei, werde der Bescheid natürlich zurückgenommen. „Sie benutzten die Anlage des ÖPNV an der vorgenannten Örtlichkeit nicht ih- rer Zweckbestimmung entsprechend und nutzten diese als Ruheplatz“, heißt es darin in knappem Amtsdeutsch. Es geht um acht Minuten um die Mittagszeit.
Gerade in Bahnhofsnähe kontrolliert der Ordnungs- und Servicedienst (OSD) regelmäßig die Haltestellen. „Die Wartehäuschen sollen den Kunden des Nahverkehrs zur Verfügung stehen“, so die Sprecherin. Es sei nicht auszuschließen, dass bei so einer Kontrolle der 83Jährige aufgefallen sei und für den Mitarbeiter nicht klar war, dass der Mann dement ist und eine Pause brauchte. „Wenn der Mitarbeiter den Mann der Obdachlosen- oder Trinkerszene zugeordnet hat, ließe sich das Schreiben wohl so erklären.“
Eine Stellungnahme des Betroffenen reiche, um die Sache aus der Welt zu schaffen. Auch Ordnungsdezernent Christian Zaum sagte: „Wenn das so gelaufen ist, wäre das unglücklich.“In diesem Fall würde auch das Gespräch mit dem Mitarbeiter gesucht. Er warb aber um grundsätzliches Verständnis für die Arbeit des OSD, der im Hinblick auf Haltestellen oft Beschwerden nachgehe.