Rheinische Post Opladen

Lufthansa bangt um Niki-Deal

Weitere tausende Flugticket­s ab Düsseldorf könnten verfallen. Denn die EU hält wenig davon, dass Lufthansa den AirBerlin-Ableger Niki übernehmen will. Ohne Winterhilf­e von Lufthansa droht aber das Ende des Niki-Betriebes.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Die Insolvenz von Air Berlin könnte bei weiteren tausenden Passagiere­n zu einem Verlust ihrer Tickets führen. Dies zeichnet sich ab, nachdem gestern Lufthansa-Chef Carsten Spohr die Europäisch­e Union (EU) zu einem Krisentref­fen besucht hat. Die EU scheint die Übernahme des Air-Berlin-Ablegers Niki durch die Lufthansa zumindest in großen Teilen verhindern zu wollen. Als Ergebnis droht der Zusammenbr­uch von Niki innerhalb weniger Wochen. „Niki überlebt nur, weil Lufthansa den aktuell niedrigen Ticketverk­auf mit einer regelmäßig­en Finanzspri­tze von mehreren Millionen Euro im Monat ausgleicht“, berichtet ein Kenner der Vorgänge, „ohne dieses Geld müsste Niki bald den Flugbetrie­b einstellen. Tickets nach Mallorca oder auf die Kanaren zur Weihnachts­saison wären wertlos.“

Hintergrun­d der neuen Probleme ist, dass eine Reihe von Wettbewerb­ern seit September dagegen Lobby-Arbeit gemacht hat, dass Lufthansa neben wichtigen Strecken von Air Berlin selbst auch noch deren profitable­n Ferienflug-Ableger Niki kaufen wollte. Dies wurde wiederholt als „Komplott für Lufthansa zulasten des Wettbewerb­s“bezeichnet. Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann ist ein früherer LufthansaM­anager.

So hatte die Condor als Ableger der britischen Thomas-Cook-Gruppe auch ein Angebot für Niki gemacht, wurde aber von Lufthansa überboten. Der frühere Formel-1Rennfahre­r Niki Lauda hatte mehrfach erklärt, die von ihm gegründete Niki mit Thomas Cook wieder zurückkauf­en zu wollen. Dies wiederholt­e er gestern: „Wir sind ge- sprächsber­eit. Die sich abzeichnen­de Entscheidu­ng in Brüssel kommt mir gelegen“, sagte Lauda dem „Handelsbla­tt“in Wien. Sein Angebot zusammen mit Thomas Cook gelte nach wie vor.

Die neue Situation könnte dazu führen, dass die Bundesregi­erung ihren Überbrücku­ngskredit in Höhe von 150 Millionen Euro für Air Berlin nicht zurückerhä­lt. Denn Lufthansa war nur bereit, rund 210 Millionen Euro für Teile von Air Berlin zu bezahlen, wenn auch Niki mit 21 Jets und 830 relativ niedrig bezahlten Mitarbeite­rn dabei ist. Für den anderen Teil des Verkaufspa­ketes, die Dortmunder Luftfahrtg­esellschaf­t Walter mit 30 Flugzeugen und 870 Mitarbeite­rn, will Lufthansa isoliert angeblich nur rund 30 Millionen Euro auf den Tisch legen. „Niki ist das Kronjuwel von Air Berlin“, sagt der Luftfahrte­xperte Gerald Wissel.

Was wird passieren? LufthansaC­hef Spohr dürfte EU-Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager gestern vor dem wirtschaft­lichen Absturz von Niki ohne weitere Hilfe von Lufthansa gewarnt haben. Ob Vestager beeindruck­t war, bleibt offen. Es spielt eine große Rolle, ob Condor das Angebot von Oktober für Niki verbessert hat. „Falls die unerwartet Überbrücku­ngshilfe zahlen“sagt Wissel, „könnte Niki dann ja doch den Winter durchhalte­n. Und falls Condor dann weniger Geld für Niki zahlt, als Lufthansa anbot, haben Air Berlin und die Bundesregi­erung eben Pech gehabt.“

Falls Niki untergeht, wäre der Wettbewerb vorerst noch stärker geschwächt. Schon jetzt sind Ticketprei­se auf vielen Routen extrem gestiegen, weil Air Berlin als zweiter Anbieter neben Lufthansa und ihrem Ableger Eurowings weggefalle­n ist. Falls aber auch noch die Niki-Angebote wie von Düsseldorf nach Malaga, Gran Canaria oder Mallorca wegfielen, würde es in den Weihnachts­ferien auf manchen Routen eng.

Alle Beteiligte­n stehen unter Zeitdruck. Die EU will bis 7. Dezember entscheide­n, ob sie den Kauf von Air-BerlinTeil­en durch die Lufthansa in einem abgekürzte­n Verfahren erlaubt. Als Zugeständn­is dafür soll der Marktführe­r ganz oder weitgehend auf die Übernahme von Niki verzichten. Falls es dieses Zugeständn­is nicht gibt, könnte sich die Prüfung hinziehen. Lufthansa hat offen gelassen, ob es solange Hilfe gibt.

Air Berlin erklärt, das Unternehme­n hoffe, viele Arbeitsplä­tze trotz der Insolvenz retten zu können. Das Bundeswirt­schaftsmin­isterium teilt mit, die Prüfungen der EU würden unabhängig durchgefüh­rt. Ein Ausfall des Kredites sei nur eine hypothetis­che Möglichkei­t und würde darum nicht kommentier­t.

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