Rheinische Post Opladen

„Kölns Flughafenc­hef sollte Strafanzei­ge stellen“

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Herr Reiter, der beurlaubte Chef des Kölner Flughafens, Michael Garvens, kehrte gestern per einstweili­ger Verfügung an seinen Arbeitspla­tz zurück. Wie bewerten Sie das?

REITER Es ist schon bemerkensw­ert, dass das Landgerich­t Köln die Rückkehr ohne mündliche Verhandlun­g festlegte. Das zeigt, dass da anscheinen­d bisher nichts Substanzie­lles gegen Herrn Garvens vorliegt. Denn eines ist klar: Eine zwangsweis­e Beurlaubun­g ist eigentlich nur möglich, wenn seitens des Unternehme­ns eine schwerwieg­ende Pflichtver­letzung glaubhaft gemacht wird. Das Unternehme­n müsste Gründe anführen, die eine Abberufung als Geschäftsf­ührer rechtferti­gen würden. Dies war anscheinen­d bislang nicht der Fall. Davon abgesehen kann der Aufsichtsr­at natürlich fest- legen, dass Anwälten und Wirtschaft­sprüfern alle Akten zur Verfügung gestellt werden müssen, um Vorwürfe zu prüfen.

Herr Garvens ist bisher vom Aufsichtsr­at zu den Vorwürfen nicht befragt worden. Man will anscheinen­d vorher weiter Unterlagen auswerten.

REITER Das bestätigt den Verdacht, dass bisher anscheinen­d keine Nachweise für Verfehlung­en gefunden wurden. Es wirkt auch etwas stillos, einen seit 15 Jahren tätigen Vorstandsc­hef zuerst zu beurlauben, dann weiter Material zu sammeln – und ihn erst dann zu den Vorwürfen befragen zu wollen. Auch wenn man im Arbeitsrec­ht wegen eines Verdachts kündigen kann, muss man den Betroffene­n zuvor anhören.

Wie würde ein solcher Streit normalerwe­ise enden?

REITER Eigentlich wäre klar, dass es am Ende einen Aufhebungs­vertrag gibt. Wenn ein Manager nur per Klage an seinen Arbeitspla­tz zurückkehr­en kann, ist das Vertrauens­verhältnis erschütter­t – egal, ob an Vorwürfen gegen ihn etwas dran ist.

Und beim Flughafen Köln-Bonn?

REITER Da ja der bisherige Aufsichtsr­atschef Kurt Bodewig (SPD) soeben von der Landesregi­erung zum Rücktritt gezwungen wurde, sieht der Sachverhal­t anders aus. Der künftige Aufsichtsr­atschef Friedrich Merz (CDU) kann sich ja die bald fertigen Gutachten zu möglichen Verfehlung­en völlig unbelastet anschauen. Und dann wird er als renommiert­er Volljurist dem Aufsichtsr­at eine Empfehlung zum weiteren Umgang mit Garvens unterbreit­en.

Was wird geschehen?

REITER Ohne genaue Kenntnis der Sachverhal­te lässt sich hierüber nur spekuliere­n. Garvens wird gehen müssen, falls sich grobe Pflichtver­letzungen oder Straftaten beweisen lassen. Aber falls sich herausstel­lt, dass er beispielsw­eise die langjährig­e Freistellu­ng eines unkündbare­n Mitarbeite­rs wirklich mit Ex-Aufsichtsr­atschef Volker Hauff abstimmte, entlastet dies ihn. Ob Geld ohne direkte Gegenleist­ung an eine Firma gezahlt wurde, ist unklar. Insofern muss dies noch keine grobe Pflichtver­letzung oder Straftat sein.

Das Gutachten gegen Garvens wurde der Presse zugespielt.

REITER Es ist gutes Recht der Medien, über mögliche Missstände zu berichten. Aber der, der das Gutachten heimlich weitergab, hat sich strafbar gemacht. Garvens sollte als Geschäftsf­ührer nun Strafanzei­ge wegen Geheimnisv­errats stellen. R. KOWALEWSKY STELLTE DIE FRAGEN

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FOTO: BAUER Julius Reiter ist Mitinhaber der Kanzlei Baum, Reiter & Kollegen.

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