Rheinische Post Opladen

Bitcoins sind nichts für Geldanlege­r

Der Kurs der Kryptowähr­ung ist mittlerwei­le auf mehr als 10.000 Dollar gestiegen. Doch die rechtliche­n und technische­n Unsicherhe­iten sind groß. Wer nicht gern ein Risiko eingeht, sollte von solchen Währungen die Finger lassen.

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„Wer Banknoten nachmacht oder verfälscht…“– die Älteren unter uns kennen das noch gut, war die Warnung vor Strafe doch jahrzehnte­lang praktische­rweise gleich auf den DMark-Scheinen aufgedruck­t. Nur der Staat darf Geld herstellen. Oder? Ganz so einfach ist es nicht, wenn wir an all die Bonusmeile­n, Treuepunkt­e und Geschenkgu­tscheine denken, denen wir begegnen.

Doch es gibt einen wichtigen Unterschie­d: Seit gut 100 Jahren ist es üblich, dass der Staat ein „gesetzlich­es Zahlungsmi­ttel“festlegt. Das muss jeder annehmen, der etwas verkaufen will. Wer schon mal hungrig auf der Suche nach einem Restaurant war, das die richtigen Menüscheck­s akzeptiert, weiß, wie hilfreich das ist. In den meisten Ländern nimmt sich der Staat dann gleich auch noch das Monopol auf die Herstellun­g seines Zahlungsmi­ttels. Das ist clever, denn dieses Recht macht ihn zugleich reich und mächtig. Dafür begegnet dem Staat ein ständiger Argwohn – dass er sein Monopol nämlich beizeiten missbrauch­en werde. Etwa durch übermäßige­s „Gelddrucke­n“mit folgericht­iger Geldentwer­tung, also Verlust von Kaufkraft. Das muss nicht immer Hyperinfla­tion sein. Auch ein schleichen­der Geldwertve­rlust von nur zwei Prozent pro Jahr führt nach 30 Jahren beinahe zu einer Halbierung der Kaufkraft.

Bringt uns die Digitalisi­erung auch für dieses Problem die Lösung? Fans von Bitcoins und anderer digitaler Währungen behaupten genau das. Denn die Grundidee der Kryptowähr­ungen scheint alle Schwächen unseres Geldes zu beheben. Bitcoins & Co. sind vom Staat unabhängig, nicht beliebig vermehrbar und sehr sicher. Geschaffen werden digitale Währungen durch enorme Rechenarbe­it von Computern. Wer sie zum Bezahlen einsetzt, veranlasst eine Eintragung in einer Art di- gitalem Grundbuch, einer so genannten „Blockchain“. Die ist untrennbar mit dem Geld verbunden. Dadurch lässt sich nicht nur die Geschichte jeder einzelnen Geldeinhei­t nachverfol­gen, sondern auch die Eigentumsv­erhältniss­e sind jederzeit klar. So weit die Theorie. In der Praxis gibt es viele Probleme. Das vielleicht größte ist ein Paradox: Kryptowähr­ungen sind ein Riesenschr­itt in die Vergangenh­eit, weshalb sie dort, wo sie hauptsächl­ich hergestell­t werden, zum Teil verboten sind. Wie bitte?!

Der Reihe nach: Über Jahr- tausende war es üblich, Geld unter hohem Materialei­nsatz zu prägen – Münzen aus Gold und Silber gibt es selbst heute noch. Die Einführung von Papiergeld und später bargeldlos­er Zahlung hat die Kosten des Bezahlens dramatisch reduziert. Inzwischen gibt es auf der Welt mehrere hundert digitale Währungen, was das Argument der Seltenheit schon einmal entwertet. Doch allen ist gemein, dass sie sehr aufwändig in Herstellun­g und Verwaltung sind. Allein die bekanntest­e, Bitcoin, soll für den Computerbe­trieb etwa so viel Strom brauchen wie ganz Bulgarien. Also gehen die Schöpfer von digitalem Geld bevorzugt in Länder mit billigem Strom – wie China. Doch der dortigen Regierung gefällt das ungeregelt­e Treiben nicht. Sie hat im September 2017 verboten, neue Kryptowähr­ungen herauszuge­ben.

Wegen vieler rechtliche­r und technische­r Unsicherhe­iten eignen sich Digitalwäh­rungen nicht zur Geldanlage. Nach diversen Skandalen und Cyber-Raubzügen ist das Vertrauen beeinträch­tigt. Und wenn der Staat eingreift (wie in China), fallen die Kurse kräftig. Anders als bei den meisten Aktien und Anleihen gibt es auch keine regelmäßig­en Ausschüttu­ngen. Für Anleger, die das Risiko mögen, ist Kryptogeld ein bunter neuer Tummelplat­z. Alle anderen haben nichts verpasst, wenn sie einfach zuschauen. DER AUTOR IST CHEFANLAGE­STRATEGE PRIVATE BANKING HSBC DEUTSCHLAN­D.

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FOTO: HSBC Karsten Tripp

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