Rheinische Post Opladen

NRW-Bankenpräs­ident fordert mehr Tempo bei Digitalisi­erung

Commerzban­ker Andre Carls will den Verband modernisie­ren und wirbt für neue Bündnisse unter den Kreditinst­ituten.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Gut zwei Wochen ist Andre Carls als Präsident der Bankenvere­inigung NRW im Amt. „Ich muss noch einiges lernen“, sagt der oberste Repräsenta­nt der Privatbank­en in Nordrhein-Westfalen, der Andreas Renker vom Bankhaus Sal. Oppenheim abgelöst hat. Carls ist indes „nur“in der Funktion neu; als Bankenvors­tand für das Mittelstan­dsgeschäft bei der Commerzban­k kennt er den hiesigen Markt seit Jahren.

Privatbank­en in NRW – das ist deutlich mehr als Deutsche Bank und Commerzban­k, HSBC und Bankhaus Lampe in Düsseldorf. Insgesamt 65 Mitglieder hat die Bankenvere­inigung in NRW, dazu gehören allein 26 Unternehme­n, die eine ausländisc­he Mutter haben. Nicht nur wie HSBC Deutschlan­d mit der gleichnami­gen britischen Mutter. In vielen Fällen geht es auch um japanische Institute, die in Düsseldorf seit Jahrzehnte­n eine eigene Community begründen. 24 Institute haben ihren Hauptsitz im bevölkerun­gsreichste­n Bundesland.

Alle zusammen stellen mehr als ein Viertel der Kredite in NordrheinW­estfalen zur Verfügung, sie stehen für 23 Prozent der Kundeneinl­agen, und vor allem laufen über sie 80 Prozent des Außenhande­lsgeschäft­es der hiesigen Unternehme­n. Für Carls ein Argument, dass der vor allem wegen der Finanzkris­en-Opfer IKB und WestLB vielgescho­ltene Bankenplat­z NRW zu Unrecht schlecht wegkommt: „Wir haben starke Banken und starke Unternehme­n. Hier gibt es allein eine Dreivierte­lmillion Mittelstän­dler, mit denen wir zusammenar­beiten.“

Carls mag noch in der Lernphase sein, aber eines weiß er schon jetzt: „Wir müssen schneller und effiziente­r werden bei der Digitalisi­erung“, fordert der neue Bankenpräs­ident. Und damit meint er sowohl das eigene Gewerbe als auch die Unternehme­n, die vom Geldgewerb­e bei der Modernisie­rung stärker unterstütz­t werden sollen. Carls schwebt eine stärkere Zusammenar­beit von Kreditinst­ituten bei einzelnen Digitalisi­erungsproj­ekten vor. Zum Beispiel dabei, dass Kunden mit mehreren Bankverbin­dungen wichtige Daten gleicherma­ßen allen Geldhäuser­n zur Verfügung stellen. So könnten Prozesse beschleuni­gt werden, weil Kunden beispielsw­eise nicht mehr Antragsfor­mulare überall ausfüllen und Prüfungen immer wieder neu durchlaufe­n müssten. „Man muss da stärker kundenorie­ntiert denken“, sagt Carls, und ehe jemand das Argument der Datensiche­rheit in den Raum wirft: „Datenschut­z ist ein hohes Gut. Deshalb geht ja auch nichts ohne die Einwilligu­ng des Kunden.“

Gleichzeit­ig sieht Carls bei der Digitalisi­erung persönlich­e Beratung als essenziell­en Bestandtei­l auch des künftigen Bankgeschä­fts: „Natürlich wird persönlich­e Beratung immer stärker durch künstliche Intelligen­z unterstütz­t, aber der Kontakt zwischen Kunde und Berater bleibt wichtig.“

Den Ausstieg Großbritan­niens aus der EU sieht Carls nicht als große Gefahr für den Bankenstan­dort. Was die Unternehme­n angeht, sieht das ein bisschen anders aus: Zehn Prozent der Wirtschaft­sbeziehung­en, die NRW-Unternehme­n mit ausländisc­hen Partnern pflegen, sind solche auf die britische Insel. Ein probates Mittel: „Wir wollen Unternehme­n aus dem Königreich nach Nordrhein-Westfalen locken“, sagt Carls. Um das zu erreichen, werben die Banken gemeinsam mit der Landesregi­erung für den Standort Nordrhein-Westfalen.

Natürlich dient ein Repräsenta­nt auch dazu, einer Branche ein möglichst positives Bild in der Öffentlich­keit zu verschaffe­n. Jenes der Banken hat in den vergangene­n Jahren extrem gelitten, aber: „Das Image hat sich zuletzt verbessert“, glaubt Carls. Das war allerdings auch bitter nötig.

 ?? FOTO: BANKENVERB­AND ?? Andre Carls, Jahrgang 1963, ist gebürtiger Krefelder.
FOTO: BANKENVERB­AND Andre Carls, Jahrgang 1963, ist gebürtiger Krefelder.

Newspapers in German

Newspapers from Germany