Rheinische Post Opladen

Fußballpla­net China

Die deutschen Fußballklu­bs wittern auf dem chinesisch­en Markt fette Gewinne und bauen ihre Geschäftsa­ktivitäten aus. Doch auch viele Unternehme­n aus dem Reich der Mitte wollen hierzuland­e in Vereine investiere­n.

- VON GIANNI COSTA

KÖLN Christoph Daum begrüßt an diesem Vormittag in Köln viele alte Freunde. In der Fußball-Familie kennt man sich eben. Mit Michael Henke, dem ewigen Co-Trainer, hält er ein Pläuschche­n, ein paar Meter weiter breitet er seine Arme ganz weit auseinande­r und posaunt: „Eeeeeckaaa­rd!!! Du lebst ja immer noch.“Großes Gelächter. Daum, 64, umschlingt Eckhard Krautzun mit einem kumpelhaft­en Griff und leitet sofort gekonnt in den Smalltalk über. „Mensch, da treffe ich ja gleich den richtigen Experten“, sagt Daum und grinst. Krautzun ist so etwas wie der deutsche Fußball-Botschafte­r in China. Seit 2003 ist er in unterschie­dlichen Funktionen dort tätig. Aktuell ist er Berater der chinesisch­en Fußballver­einigung CFA. „Du kannst nicht einfach so nach China gehen, du musst dich darauf intensiv vorbereite­n, sonst scheiterst du, bevor es überhaupt richtig begonnen hat“, erzählt der 76-Jährige. Daum hört interessie­rt zu.

Ein paar Minuten zuvor ist der erste Vortrag bei der Konferenz „Fußballges­chäft China“zu Ende gegangen. Jörg Wacker saß neben Alexander Jacobs auf der Bühne. Wacker ist Vorstand Internatio­nalisierun­g und Strategie beim deutschen Rekordmeis­ter FC Bayern München. Jacobs macht das Themenfeld als Marketingv­orstand des FC Schalke 04 noch zusätzlich mit. Die Königsblau­en sind in Asien im Vergleich zu den Münchnern eine kleine Nummer. Die Bayern wiederum laufen hingegen in Sachen Popularitä­t den Top-Klubs aus der englischen Premier League und der spanischen La Liga hinterher.

Asien ist für die Deutsche Fußball Liga (DFL) ein sogenannte­r heißer Markt. Dort, so haben die Analysten bereits vor Jahrzehnte­n prognostiz­iert, sind noch ordentlich­e Umsätze möglich. „Es bringt nichts, da einmal über den Marktplatz zu laufen und dann zu glauben, man hätte alle für sich begeistert“, befindet Wacker, der vor seinem Engagement beim FC Bayern Geschäftsf­ührer eines Wettanbiet­ers war. „Wir müssen als Bundesliga auf diesem Markt zusammensp­ielen, um uns gegen die Konkurrenz behaupten zu können.“

Schalke hat vor ein paar Wochen die große Bühne für Werbung in eigener Sache genutzt. Das Derby gegen Borussia Dortmund wurde auf dem chinesisch­en Markt intensiv vermarktet. Der Verein organisier­te unter anderem in verschiede­nen Städten ein Public Viewing und inszeniert­e die Aktivitäte­n in den Sozialen Netzwerken. „Wenn das Spiel nach der ersten Halbzeit vorbei gewesen wäre, hätte wir uns ziemlich blamiert, so aber war es eine grandiose Geschichte, die uns langfristi­ge viele neue Follower eingebrach­t hat.“Schalke lag nach 45 Minuten 0:4 hinten und schaffte am Ende doch noch ein 4:4.

Chen Yang war früher Profi bei Eintracht Frankfurt, mittlerwei­le ist er Teammanage­r von Beijing Enterprise­s und damit ein einflussre­icher Vermittler zwischen deutschen und chinesisch­en Interessen. „Da treffen zwei sehr unterschie­dliche Kulturen aufeinande­r“, sagt er. „Wir müssen möglichst viel von dem anderen wissen, um ihn zu verstehen. Wir sind gerade in einer Findungsph­ase.“Rückschläg­e inbegriffe­n. Dazu zählt das gescheiter­te Gastspiel der chinesisch­en U20-Nationalma­nnschaft in der Regionalli­ga Süd. Die chinesisch­e Delegation war empört darüber, dass Zuschauer ihre Solidaritä­t mit Tibet bekundeten. „Bei uns kommt an erster Stelle die Politik. Separatist­ische Bestrebung­en werden energisch begegnet. Für uns Chinesen ist die Einheit das Wichtigste“, betont Yang. Und in Deutschlan­d ist die Meinungsfr­eiheit wichtig. Wie das zusammenzu­bringen ist? Yang lächelt und geht weiter. Man werde sehen.

Daum lässt sich von solchen Zwischentö­nen nicht irritieren. „Eckhard, ich möchte begreifen, wie dieses Land tickt“, sagt er zu Krautzun. „Das wollen viele, aber den wenigsten gelingt das“, lautet die Antwort. Er habe neulich wieder einen Trainer auf ein mögliches Jobangebot vorbereite­t. Daum erzählt, er habe Kontakt mit einem chinesisch­en Agenten. „In den Verhandlun­gen ist immer Bestandtei­l, dass man jemanden an seine Seite gestellt bekommt, der einem bei der Eingewöhnu­ng hilft.“Warum es bisher noch nicht mit einem Wechsel geklappt hat? „Es gab ein paar unterschri­ftsreife Projekte, aber am Ende ist immer was dazwischen­gekommen. Mal sehen, was kommt. Es ist und bleibt ein interessan­tes Land.“

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RL FE IK: AF GR

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