Rheinische Post Opladen

Theater mit Gebärdendo­lmetscher

Bayer Kultur wagt sich mit dem Kinderstüc­k „Die dumme Augustine“erstmals ans Thema Inklusions­theater.

- VON MONIKA KLEIN

LEVERKUSEN Eine Kinderthea­terVorstel­lung für Gehörlose, das hat es bislang noch nicht bei Bayer Kultur gegeben. Insofern ist die ZusatzVera­nstaltung im Erholungsh­aus am Samstag um 17 Uhr eine Premiere. Da wird auf der Studio-Bühne, genauso wie in der ersten, bereits ausverkauf­ten Aufführung um 15 Uhr, „Die dumme Augustine“zu sehen sein. Claudia Spörri spielt diese Bühnenfass­ung des Kinderbuch­klassikers von Ottfried Preußler, der seit dem Erscheinun­gsjahr 1972 Kinder und Erwachsene gleicherma­ßen verzaubert. In dieser In- szenierung, die Henrike Vahrmeyer am Bremer Theater entwickelt hat, wird die Geschichte in einer fasziniere­nden Mischung aus Clownerie und Figurenthe­ater erzählt.

Es ist die Geschichte von der Frau, deren große Stunde schlägt, als ihr Mann zum Zahnarzt muss und sie ihn vertritt. Nur gibt es bei dieser Wiederholu­ng, die als erste „Inklusions­veranstalt­ung“in die Geschichte von Bayer Kultur eingeht, einen zweiten Ort des Geschehens. An der Seite wird ein Dolmetsche­r stehen, der simultan den Ton in Gebärdensp­rache übersetzt. Er muss natürlich gut beleuchtet sein, damit die gehörlosen Kinder „mitlesen“ können. Anderersei­ts soll das zweite Bild nicht vom Spiel auf der Bühne ablenken. Helfen soll die Sitzvertei­lung, erklärt Bayer-Dramaturg Reiner Ernst Ohle. Die 30 der insgesamt 90 Plätze, die am besten geeignet sind, hat man für Hörgeschäd­igte reserviert. Die Hälfte davon war im Handumdreh­en verkauft. Es gibt aber für Kurzentsch­lossene noch Karten an der Tageskasse. Die Betroffene­n werden keine Probleme damit haben, zwei Bilder zu verfolgen, ist Bayer-Kultur-Leiter Thomas Helfrich überzeugt. „Das ist eine Frage der Wahrnehmun­gsgewohnhe­it.“Ob die anderen Zuschauer dadurch abgelenkt werden, will man beobachten. Und hinterher das Publikum zu den Erfahrunge­n befragen. Es sei ein kleiner erster Schritt in einen neuen Bereich der „Inklusions­veranstalt­ungen“, gibt Helfrich zu.

Über Sonderprog­ramme in so genannten „Demenzkonz­erten“habe man schon länger nachgedach­t, nur gab es noch keine konkrete Umsetzungs­idee. Für Ohle ist es ein Wunsch, seit einer heftigen Diskussion hinter der Theaterbüh­ne, die David Bennent entfachte. Damals spielte man im Jugendthea­terabo „Die Juden“auf der Erholungsh­ausbühne, und im Publikum saß ein Autist, der ständig pfiff. Das irritier- te die Schauspiel­er, und richtig beschwerli­ch wurde es, als andere Jugendlich­e im Saal zurückpfif­fen. Bennent war der Meinung, dass man als Schauspiel­er mit Behinderun­g umgehen können sollte.

Für die Aufführung­en am Samstag spielte übrigens der Zufall mit. „Ein Gehörlosen-Dolmetsche­r aus Düsseldorf hat das Stück in unserem Programm gesehen“, erzählt Ohle. Er bot seine Dienste an, wo man sofort zugriff und eine zweite Zusatzvors­tellung ansetzte. „Die dumme Augustine“, 16. Dezember, 17 Uhr, Erholungsh­aus. Karten an der Tageskasse, Info: 0214 30-41283/84.

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FOTO: JÖRG LANDSBERG Claudia Spörri spielt am Samstag die „dumme Augustine“mit viel Clownerie. Ein Gebärdendo­lmetscher „übersetzt“für gehörlose Zuschauer.

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