Rheinische Post Opladen

Glasbläser gibt letzte Vorstellun­g

- VON TOBIAS BRÜCKER

LEVERKUSEN Eine Art Abschiedsb­esuch stattete gestern Glasbläser Rolf Krautwurst der Hans-Christian-Andersen-Schule in Hitdorf ab. Der Thüringer ist zusammen mit seinem Kollegen Achim Hofmann in der Vergangenh­eit regelmäßig in die Grundschul­e gekommen, um die Kinder mit der Kunst der Glasmanufa­ktur zu fasziniere­n.

Doch jetzt ist allerdings Schluss. „Wir sind Rentner und inzwischen weitaus weniger unterwegs“, sagt der 65-jährige Krautwurst, der seine Arbeit bereits in etlichen Schulen der Republik zeigte. Nun würden die letzten Materialen noch verbraucht, dann bleibe ihr Brenner aus. Bis Weihnachte­n, so ergänzt Hofmann, sei der Kalender noch prall gefüllt. Danach wolle man weitersehe­n.

Krautwurst hat das Handwerk des Glasblasen­s von der Pike auf erlernt. Er kommt aus Lauchschar, einem kleinen Dorf in Thüringen. Dort sei die Kunst sehr beliebt. „Sie hat dort eine lange Tradition“, sagt der 65Jährige. Schon sein Großvater sei Glasbläser gewesen. Sein Vater sowieso – und auch seine Schwester sei in dem Handwerk tätig.

Insgesamt aber gehe die Beliebthei­t zurück. Geld damit zu verdie- nen, das werde immer schwerer. „Das liegt an den billigen Waren aus China“, berichtet er. Auf dem kleinen Tisch, auf dem neben einem silbernen Aktenkoffe­r ein Brenner und einige Kugeln liegen, sind viele bunte Tierfigure­n ausgelegt. Ein orangener Skorpion ist in seiner Feinheit beeindruck­end. Für ihn braucht Krautwurst nur rund 25 Minuten – recht wenig für dieses sechsbeini­ge Geschöpf. Zumeist sind es aber Kugeln, die ein Glasbläser herstellt. In acht Stunden kommen so gut 2000 zusammen. Um eine solche herzustell­en, braucht es viel Erfahrung, erklärt Krautwurst. Handschuhe dagegen nicht. „Damit könnte man gar nicht richtig arbeiten, man hätte kein Gefühl“, betont Krautwurst: „Klar gibt es da auch mal die eine oder andere Brandblase.“

Lehrerin Marion Brusset, die in ihrer 14-jährigen Laufbahn an der Schule viele Auftritte des Thüringers sah, liebt die Vorführung­en des Rentners. Der geht geduldig auf jede Frage der 45 Kinder aus der ersten Klasse ein. Und verbindet seine Antworten mit viel Witz. „Für die Kinder ist das ein Aha-Moment“, glaubt Brusset. Glas in seinen flüssigen Zustand zu versetzen, sei ein Vorgang, den sich die Kinder nicht vorstellen könnten.

 ?? FOTO: UWE MISERIUS ?? Rolf Krautwurst zeigt den Kindern der Hans-Christian-Andersen-Schule, wie ein Glasbläser arbeitet.
FOTO: UWE MISERIUS Rolf Krautwurst zeigt den Kindern der Hans-Christian-Andersen-Schule, wie ein Glasbläser arbeitet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany