Rheinische Post Opladen

Warum SUVs so großen Erfolg haben

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Die robusten und großen Autos sind für die Hersteller eine sichere Bank. Woher kommt der Erfolg? Der Wirtschaft­spsycholog­e Rüdiger Hossiep von der Ruhr-Universitä­t Bochum gibt Antworten.

Weil das ein völlig sinnfreies Auto ist. Ein riesengroß­es Coupé, in das Sie quasi nichts hineinpack­en können, das aber zweieinhal­b Tonnen wiegt. Diese extrem tiefgelegt­en Sport-SUVs haben kaum Abrollkomf­ort und wenig Bodenfreih­eit. Warum macht man sowas? Das kann keinen rationalen Grund mehr haben. Das ist weitgehend sinnfrei, außer es geht eben um emotionale Aspekte.

Viele wollen aber einfach nur bequemer ein- und aussteigen.

HOSSIEP Das ist eher ein Scheinargu­ment. Das geht ja mit vielen anderen Autos wie einem Kleinwagen oder einem Van auch. Da können Sie ebenso bequem ein- und aussteigen. Der Mensch ist ja kein ra- tionales Wesen, sondern ein rationalis­ierendes. Das heißt, er hat immer gute Gründe. Der Trend geht Richtung SUV, und wenn sich Waltraud oder Dieter einen Tiguan kaufen, hätte ich auch gern einen.

Also eine Art von Herdentrie­b?

HOSSIEP Im Grunde ja. In Deutschlan­d gilt ja auf der einen Seite der Grundsatz „Bloß nicht auffallen“. Und man hat wenig Courage, auch mal ein ganz anderes Auto zu fahren. Da wird auf den Vorgesetzt­en oder den Nachbarn geschielt. Und auf der anderen Seite existieren Leute, die auf den Putz klopfen und sich nach unten abgrenzen wollen. Das ist aber sehr von der Region abhängig. Wenn Sie im Ruhrgebiet einen Porsche fahren, dann müssen Sie damit rechnen, dass er Ihnen beschädigt wird. Im Stuttgarte­r Raum zum Beispiel finden sich Hotel-Parkplätze, da stehen zu 40 Prozent Porsche.

Aber es gibt auch handfeste Vorteile?

HOSSIEP Ein SUV erzeugt ein gewisses Überlegenh­eitsgefühl. Es ist leiser und es entkoppelt einen mehr von der Umwelt. Man fühlt sich nicht nur sicherer, das ist auch so. Denn im Falle eines Crashs hat in der Regel derjenige den Vorteil, der das schwerere Fahrzeug hat. Und man ist dem Unbill durch andere Verkehrste­ilnehmer weniger ausgesetzt.

Mit einem SUV kann man sich Respekt verschaffe­n?

HOSSIEP Es gibt Untersuchu­ngen, die zeigen, dass Autofahrer, die an einer grünen Ampel stehen bleiben, umso später vom Hintermann angehupt werden, je größer ihr Auto ist. Fahren Sie mal mit einem Kleinstwag­en und anschließe­nd mit einem großen SUV rum. Sie werden völlig andere Erfahrunge­n im Verkehr machen.

Und auch mit einem kleinen SUV lassen mich dann die anderen Kleinwagen in Ruhe?

HOSSIEP Das ist dann wohl die Hoffnung, die die Leute damit verbinden, ja.

Was gilt denn für diese kleinen SUVs, die sehr erfolgreic­h sind?

HOSSIEP Man versucht hier, den Markt auszudehne­n, indem man das Produkt diversifiz­iert und auf viele Segmente überträgt. Zum einen haben wir ja den Duft von Freiheit und Abenteuer, den die Autos verspreche­n. Für die UrbanCowbo­ys und die Cowgirls vor allen Dingen. Denn es fahren ja auch viele Frauen SUVs. Und zum anderen ein gewisses Schutzgefü­hl. Bei Frauen würde man wahrschein­lich aus tiefenpsyc­hologische­r Sicht interpreti­eren: Als Frau will man vielleicht nicht überall hinkommen, aber dafür möglicherw­eise von überall wieder weg kommen können.

Stehen die SUVs allgemein für ein gewisses Schutzbedü­rfnis?

HOSSIEP Ja, und diese Schutzbedü­rftigkeit dürfte sogar noch zunehmen, denn der Straßenver­kehr wird ja immer enger und ruppiger. Autofronte­n werden in diesem Zuge auch immer aggressive­r gestylt. Durch die rauer gewordene Verkehrsum­welt, die Dichte des Verkehrs, höheren Zeitdruck und schnellere Fahrzeuge wird sich der Trend verstärken. Letztlich ist das eigene Auto ja ein Rückzugsor­t zum Mitnehmen. Öffentlich­e Verkehrsmi­ttel bieten dies so nicht, so dass man im doppelten Wortsinn eher angreifbar ist. Auch aus diesem Grund erleben wir eine Renaissanc­e des Individual­verkehrs gerade bei Frauen, die sich dann sicherer fühlen. DIE FRAGEN STELLTE PETER LÖSCHINGER.

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FOTO: STRATENSCH­ULTE Große Bodenfreih­eit und eine erhöhte Sitzpositi­on machen ein SUV aus. Laut Experten erzeugt das ein Überlegenh­eitsgefühl.
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FOTO: HEINEMANN Wirtschaft­spsycholog­e Rüdiger Hossiep

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