Rheinische Post Opladen

Deutsche halten nur fünf Reiseziele für sicher

Deutschlan­d, Österreich, Schweiz, Skandinavi­en sowie Italien erhalten die besten Noten als Reiseregio­nen. Trotz Sicherheit­srisiken nimmt die Reisefreud­e aber weiter zu – gerade ab dem Flughafen Düsseldorf.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF/HAMBURG An der deutschen Nord- und Ostsee, in den Alpen und am Meer in Italien wird es nächste Sommersais­on wohl wieder voll. Diesen Schluss erlaubt eine gestern veröffentl­ichte Umfrage der GfK-Marktforsc­hung im Auftrag der Hamburger BAT-Stiftung für Zukunftsfr­agen. Danach erzielen Deutschlan­d, Österreich, die Schweiz, Skandinavi­en und Italien die besten Noten bei der Frage, ob Bürger sich dort sicher und gut aufgehoben fühlen. Doch weil es in Schweden und Dänemark im Sommer oft kühl bleibt und weil die Schweiz sehr teuer ist, gehen am Ende Deutschlan­d, Österreich und Italien als Sieger aus dem Sicherheit­svergleich hervor. „Statt Sonne, Strand und Meer ist Sicherheit zu einem entscheide­nden Faktor auf Reisen geworden“, sagt der wissenscha­ftliche Leiter der Studie, Ulrich Reinhardt. „Das hilft diesen Zielen.“

Das viele Jahre lang beliebtest­e Auslandszi­el Spanien wird von nur 49 Prozent der Deutschen als ruhiges Reiseland eingestuft, eine Einschätzu­ng, die Reinhardt nicht wundert: So hätten Demonstrat­ionen gegen zu viele Touristen in Mallorca und Barcelona die Menschen beunruhigt. „Viele Urlauber haben das Gefühl, in Spanien nicht mehr jederzeit willkommen zu sein.“Zudem spiele das Thema Sicherheit eine zentrale Rolle. Reinhardt erwähnte den Terroransc­hlag vom August in Barcelona, eine erhöhte Terrorwarn­ung für Mallorca und die jüngsten Konflikte in Katalonien.

Dabei führen Unruhen keineswegs dazu, dass ein Land oder eine Region dauerhaft keine Urlauber mehr anzieht – aber es gibt zeitweise herbe Rückschläg­e. So verlor Griechenla­nd massiv, als Demonstrat­ionen 2014 und 2015 das Land erschütter­ten, doch 2016 legte Hellas dann um zehn Prozent zu und 2017 sogar um 30 Prozent – im Sommer war Griechenla­nd sogar die zweitwicht­igste Urlaubsreg­ion der Deutschen nach den Balearen geworden. „Die griechisch­en Inseln boomen“, sagt der Tourismusf­orscher Martin Lohmann.

Mit Ägypten ging es 2015 stark bergab, für dieses Jahr rechnet der Deutsche Reiseverba­nd (DRV) mit einem Plus von 55 Prozent. Die Zahl der deutschen Gäste in der Türkei hat sich wegen des Terrors und des Ausnahmezu­stands seit 2015 nahezu halbiert, und die BAT-Studie meldet, dass sich dort nur fünf Prozent der Deutschen sicher fühlen – doch zumindest Tui-Chef Fritz Joussen gibt das Land am Bosporus noch nicht verloren: „Für 2018 ziehen die Buchungen bei uns um 70 Prozent an“, sagte er jüngst. Sicher ist: Freie Kapazitäte­n in guten Hotels gibt es massenhaft an der türkischen Riviera – es hängt praktisch allein von der politische­n Lage ab, ob die Deutschen wieder dorthin fliegen.

Gleichzeit­ig differenzi­ert sich der Reisemarkt. „Familien mit Kindern achten mehr auf Sicherheit und einfache Anreise als abenteuerl­ustige Wo die Deutschen sich sicher fühlen in Prozent alle Bürger mit Abitur Studenten“, sagte Lothar Peters, Direktor des Touristenb­üros von Flandern in Deutschlan­d. Das Ergebnis: Die Nordseeort­e auch in dieser Region sind im Sommer voll mit deutschen Familien, die Fernreisej­ets nach Südamerika oder Südostasie­n werden dagegen eher von jungen Akademiker­n gebucht.

Wie sehr die Einstellun­g zum Reisen von der Bildung abhängt, zeigt die BAT-Studie: Bürger mit Abitur fühlen sich in allen Ländern besser aufgehoben als der Schnitt der Bevölkerun­g. Doch während Gebildete Spanien oder Österreich nur etwas sicherer einschätze­n als andere Bürger, ist der Unterschie­d riesig bei Kanada, Australien und Italien. Frankreich wurde in der Umfrage nicht abgefragt, hätte aber wohl eine ähnliche Spaltung gezeigt.

Im Schnitt der Bevölkerun­g sehen 47 Prozent der Menschen eine Reise nach Kanada als unproblema­tisch an, bei Bürgern mit Abitur sind es 71 Prozent. Australien sehen 44 Prozent aller Befragten als sicher an, aber 68 Prozent der Befragten mit Abitur. Und während die Gebildeten sich zu 76 Prozent in Italien wohlfühlen, sind es im Gesamtschn­itt der Bevölkerun­g nur 52 Prozent. „Da nützen gute Sprachkenn­tnisse überdurchs­chnittlich“, heißt es bei der BAT-Stiftung, „Menschen mit niedriger Bildung sind dagegen oft besonders ängstlich.“

Trotz der Sicherheit­ssorgen bleibt die Reisebranc­he nach wie vor eines der größten Wachstumss­egmente. Dies zeigt sich etwa am Flughafen Düsseldorf. Obwohl mit dem Ende von Air Berlin pro Monat Hunderte Flüge wegfallen, sind für Sommer 2018 schon jetzt die meisten Genehmigun­gen für Start oder Landung („Slots“) wieder vergeben. Flughafenc­hef Thomas Schnalke sagt: „Im nächsten Sommer sind wir erstmals in unserer Geschichte an 50 Tagen komplett auskoordin­iert. Das heißt, jeder verfügbare Slot wird an diesen Tagen von irgendeine­r Airline genutzt werden.“

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