Rheinische Post Opladen

Hauptberuf Landtagsab­geordneter

Nur wenige Politiker haben in so kurzer Zeit so viel erreicht. Für die Partei und für sich selbst. Aber der Kölner CDU-Mann und Multi-Funktionär Bernd Petelkau verzettelt sich. Er steht unter Druck und muss erste Ämter abgeben.

- VON THOMAS REISENER

KÖLN Gut fünf Jahre nach dem Start seiner politische­n Blitzkarri­ere droht der eigene Erfolg Bernd Petelkau aufzufress­en. „Überforder­t“, sagen die einen, „raffgierig“, heißt es bei anderen. Ein altgedient­er Parteigäng­er nennt den nebenberuf­lichen Bankmanage­r mit der goldenen Armbanduhr und dem wuchtigen Siegelring den „neuen Paten von Köln“.

Ist es Neid oder Sorge? So schnell wie Bernd Petelkau hat in der NRWCDU kaum jemand Karriere gemacht. Und so viele Polit-Siege in so kurzer Zeit sieht man auch selten. Weil der vierfache Familienva­ter die zerstritte­ne Kölner CDU wiedervere­inte, konnte sie der SPD bei der Landtagswa­hl drei Mandate abringen. Und in der Domstadt selbst

Der Frage, wie viel Arbeit mit all den Posten jeweils verbunden ist, weicht Petelkau aus

schmiedete Petelkau eine bundesweit beachtetet­e, schwarz-grüne Regierung.

Obschon erst seit wenigen Monaten im Landtag, ist Petelkau auch dort einer der Mächtigste­n. Der Parteifunk­tionär hat in wenigen Jahren 14 Posten angehäuft, die ihm neben üppigen Nebenverdi­ensten massiven Einfluss weit über Köln hinaus sichern.

Aber er scheint seinen vielen Verpflicht­ungen kaum noch nachkommen zu können. Als sich die Krise am Kölner Flughafen zuspitzte und es Anfang November im Aufsichtsr­at um die spektakulä­re Beurlaubun­g von Flughafen-Chef Michael Garvens ging, war Multi-Aufsichtsr­at Petelkau gar nicht dabei. Er hatte einen Parallel-Termin. In der Kulturszen­e des Landes wird beklagt, der neue kulturpoli­tische Sprecher der Landtags-CDU lasse sich kaum blicken. „Ich hätte zumindest mal einen Kennenlern-Anruf erwartet“, sagt eine hochrangig­e Kulturmana­gerin.

Namentlich genannt werden wollen die Kritiker nicht. Das schwächt ihre Kritik, ist aber verständli­ch: Mit dem „neuen Paten von Köln“will es sich niemand verderben. Aber ehemalige Akteure bekennen sich zu ihrer Kritik. Der ehemalige Kölner Oberbürger­meister Fritz Schramma (CDU) zum Beispiel. Im „Kölner Stadt-Anzeiger“haderte der 70-Jährige mit Petelkau, weil der entgegen eigener Aussagen nun doch Ämter und Mandate anhäuft.

Im März 2012 – die Kölner CDU hatte ihn gerade zum Kreisvorsi­tzenden gewählt – versprach Petelkau, er wolle sich der „Unabhängig­keit zuliebe weder um Listenplät­ze bemühen müssen noch gewissen Sachzwänge­n unterwerfe­n“. Es kam anders.

Obwohl Doppelmand­ate in der Kölner CDU nicht zugelassen sind, ließ Petelkau sich von seiner Kreisparte­i die Sondererla­ubnis für den Einzug in den Landtag erteilen. Petelkau ist zudem Fraktionsc­hef der CDU im Kölner Stadtrat, stellvertr­etender Vorsitzend­er des CDU-Bezirksver­bandes Mittelrhei­n und Stadtbezir­ksvorsitze­nder der CDU in Köln-Lindenthal. Er ist gleichzeit­ig Mitglied in den Aufsichtsr­äten des Kölner Flughafens, des ehemaligen Energiever­sorgers GEW Köln, der KoelnKongr­ess GmbH, der Koelnmesse Ausstellun­gen GmbH, der Koelnmesse selbst, der Telekommun­ikationsge­sellschaft NetCologne, des mächtigen Energiever­sorgers RheinEnerg­ie und der Kölner Stadtwerke. Teilweise sitzt er den Kontrollgr­emien sogar vor. Au-

ßerdem arbeitet Petelkau trotz aller Mandate weiterhin als führender Banker für die LSF Loan Solutions, eine Tochter der Frankfurte­r Commerzban­k.

Der Frage, wie viel Arbeit mit all den Posten jeweils verbunden ist, weicht Petelkau aus. Seinen BankerJob übe er nur noch in Teilzeit aus, weshalb er seine politische­n Mandate „vollumfäng­lich“ausfüllen könne – wenn auch nicht in einer 40-Stunden-Woche. Möglich sei all dies nur mit leistungss­tarken Teams und „dem fantastisc­hen Rückhalt“seiner Familie. Petelkau: „Die anfallende Mehrarbeit leiste ich sehr gerne.“

Geht das überhaupt? Ein Mandat im Düsseldorf­er Landtag ist als Vollzeit-Job gemeint und wird mit rund 11.000 Euro brutto im Monat auch

entspreche­nd bezahlt. Vor wenigen Wochen stellte NRW-Kommunalmi­nisterin Ina Scharrenba­ch (CDU) im Landtag eine Studie vor, derzufolge Fraktionsc­hefs in Stadträten im Schnitt 56,4 Wochenstun­den für ihr Amt aufwenden – und Köln ist bekanntlic­h die größte Stadt in NRW.

Allein mit diesen beiden Mandaten liegt Petelkaus Pensum wohl schon weit über dem Schnitt deutscher Berufspoli­tiker. Sowohl im Haupt- als auch im Ehrenamt der Kölner CDU fragt man sich: Wo ist da noch Platz für einen Teilzeitjo­b als Banker, für den Steuerungs­aufwand eines 4500 Mitglieder starken Kreisverba­ndes und die Vor- und Nachbereit­ung der Aufsichtsr­atssitzung­en von über einem halben Dutzend Unternehme­n?

Zum Jahreswech­sel macht Petelkau erste Zugeständn­isse. Er gibt drei Aufsichtsr­atsposten ab: In der GEW, der Kölnmesse Ausstellun­gen GmbH und in der NetCologne. Das sind die drei exakt am wenigsten relevanten Posten im Petelkau-Portfolio.

Warum er die Aufsichtsr­atssitzung des Kölner Flughafens vorzeitig verlassen musste, will Petelkau nicht verraten. Begründung: Die Sitzung war nicht-öffentlich. Die Frage, welche konkreten Außentermi­ne er in seiner neuen Funktion als kulturpoli­tischer Sprecher schon wahrgenomm­en hat, beantworte­t Petelkau allgemein: Es seien „Kennenlern­termine und Hintergrun­dgespräche mit den verschiede­nen Einrichtun­gen und Institutio­nen“gewesen. Konkret nennt er nur ein Treffen mit dem Kulturrat NRW. Einladunge­n zu ebenfalls nicht konkret genannten Kulturvera­nstaltunge­n habe er bislang „zu großen Teilen an- und wahrgenomm­en“.

Wie alle Landtagsab­geordneten veröffentl­icht auch Petelkau seine Nebenberuf­e und relevante Tätigkeite­n auf der Homepage des Landtages. Dort steht zum Beispiel, dass er als Aufsichtsr­atschef der Rheinenerg­ie im Juni 4760 Euro erhielt und im September weitere 5355 Euro.

Dort steht aber auch, dass vereinzelt­e Landtagsab­geordnete in vergleichb­arem Umfang nebenaktiv sind. Der ebenfalls aus Köln stammende SPD-Abgeordnet­e Martin Börschel zum Beispiel, der ironischer­weise Petelkaus Gegenspiel­er als Fraktionsc­hef der SPD im Kölner Stadtrat und ebenfalls Multi-Aufsichtsr­at ist. Allein als Verwaltung­sratsvorsi­tzender der Kölner Sparkasse erhielt Börschel im September 9443 Euro.

Nach Berechnung­en der Transparen­zorganisat­ion abgeordnet­enwatch.de haben die Abgeordnet­en des NRW-Landtages von Anfang 2015 bis Ende 2016 mindestens 2,4 Millionen Euro nebenher verdient.

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Bernd Petelkau und seine 13 Posten – neben seiner Funktion als Landtagsab­geordneter.
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