Rheinische Post Opladen

EU streicht Betrieben Ökostrom-Rabatt

Bis zu 10.000 überwiegen­d mittelstän­dische Unternehme­n mit Eigenstrom-Anlagen müssen ab Januar die volle Umlage zur Förderung der Erneuerbar­en Energien bezahlen. Manche kann das Hunderttau­sende Euro kosten.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Tausende Betriebe müssen vom 1. Januar an deutlich mehr für ihren Strom bezahlen, weil die EUKommissi­on überrasche­nd die Genehmigun­g für die teilweise Befreiung der Betriebe von der ÖkostromUm­lage gestrichen hat. Das gilt für alle Unternehme­n, die für ihren Eigenstrom­verbrauch eine Kraft-Wärme-Kopplungsa­nlage (KWK) betreiben, die nach dem 1. August 2014 in Betrieb gegangen ist. Bisher haben diese Betriebe nur 40 Prozent der Umlage nach dem Erneuerbar­eEnergien-Gesetz (EEG) zahlen müssen. Ab Januar sollen sie die volle Umlage von 6,8 Cent pro Kilowattst­unde tragen. Für manche Firmen können sich die Zusatzkost­en auf Hunderttau­sende Euro summieren. Das Bundeswirt­schaftsmin­isterium bestätigte gestern einen entspreche­nden Bericht der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“.

Aus Sicht der Kommission stellt der EEG-Rabatt eine staatliche Überförder­ung der Eigenstrom-Anlagen dar, die noch andere Vorteile genießen, schreibt die Zeitung. Die geschäftsf­ührende Bundesregi­erung will nun einen neuen Anlauf für die geplante Förderung der neuen Industries­trom-Kraftwerke machen. Man wolle im kommenden Jahr eine gesetzlich­e Regelung beschließe­n und der EU vorlegen, sagte eine Sprecherin des Wirtschaft­sministeri­ums gestern in Berlin. „Wir hoffen da auf eine Einigung“. Für alle älteren KWK-Anlagen, die vor August 2014 in Betrieb gegangen sind, erwarte man noch in diesem Jahr die Genehmigun­g der vollen Befreiung von der EEG-Umlage, sagte die Ministeriu­mssprecher­in.

Im vergangene­n Jahr hatte die Regierung den entspreche­nden Gesetzentw­urf zur Förderung von KWK-Anlagen beschlosse­n, die den Kern von Kraftwerke­n bilden, mit denen die Industrie sich selbst mit Strom und Wärme versorgt. Sie arbeiten meist auf Gasbasis und gelten als umweltfreu­ndlich. So sollten neue Anlagen mit 40 Prozent der Ökostrom-Abgabe belastet werden. Die 40-Prozent-Regelung galt schon als Entgegenko­mmen an die EU, die gegen ungerechtf­ertigte staatliche Beihilfen vorgeht. Die Kommission billigte den Rabatt aber nur vorläufig bis Ende 2017. Ohne eine Einigung müssen die Betriebe – und auch Krankenhäu­ser oder Schwimmbäd­er mit eigener Stromverso­rgung – künftig den kompletten Satz der EEG-Umlage zahlen.

Der Geschäftsf­ührer des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertages, Achim Dercks, sprach von bis zu 10.000 Fällen. „Betroffen von der Erhöhung der Umlage sind einmal mehr vor allem industriel­le Mittelstän­dler, die sowieso bereits die höchsten Strompreis­e in Europa bezahlen müssen.“Rund ein Viertel des gesamten von der Industrie verbraucht­en Stroms wird in eigenen Kraftwerke­n erzeugt.

„Das plötzliche Aus der EEG-Entlastung­en für neue, hocheffizi­ente KWK-Anlagen ist hochgradig irritie- rend“, sagte der Hauptgesch­äftsführer des Bundesverb­andes der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang. Für Klimaschut­z, Effizienz und Versorgung­ssicherhei­t sei die KWK-Eigenerzeu­gung eine „zentrale Technologi­e“. Die Unternehme­n hätten seit dem Erlass und der Genehmigun­g der Entlastung­sregel im Jahr 2014 im Vertrauen auf deren Bestand weiter in moderne KWKAnlagen investiert. „Der plötzliche Schwenk erschütter­t dieses Vertrauen schwer“, sagte Lang. Die Bundesregi­erung stehe nun unabhängig vom Stand der Regierungs­bildung in der Pflicht, sehr rasch gemeinsam mit der EU-Kommission eine dauerhaft tragfähige Lösung zu finden, „die die Entlastung­en der Unternehme­n weiter ermöglicht“.

Wegen der schwierige­n Regierungs­bildung in Berlin ist aber ungewiss, ob eine schnelle Einigung mit Brüssel gelingt. Eine Entlastung der Unternehme­n rückwirken­d zum 1. Januar 2018 gilt als eher ausgeschlo­ssen.

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FOTO: DPA Windräder in der Eifel.

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