Rheinische Post Opladen

Der fliegende Holländer

Innogy trennt sich überrasche­nd von seinem Chef Peter Terium. Der tummelte sich zwar gerne im Silicon Valley, bekam aber die Problem in Europa nicht in den Griff.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Mit einem Paukenschl­ag überrascht­e der Energiekon­zern Innogy gestern Abend seine Aktionäre. Vorstandsc­hef Peter Terium muss überrasche­nd gehen. „Peter Terium wird das Unternehme­n mit sofortiger Wirkung verlassen“, teilte der Konzern mit. Zunächst übernimmt Personalvo­rstand Uwe Tigges den Vorstandsv­orsitz.

Das Vorgehen ist ungewöhnli­ch für einen Dax-Konzern. Zu den Gründen des Abgangs teilte Innogy nichts mit. Terium hat sich mit seinem esoterisch­en Führungsst­il manchen Feind im Konzern gemacht, er hat viel angekündig­t und wenig Verspreche­n einlösen können. Das Fass zum Überlaufen brachte wohl die Gewinnwarn­ung in der vergangene­n Woche, Innogy kassierte sein Ziel für 2017 und stellte auch für 2018 weniger Gewinn in Aussicht, die Aktie rauschte um 13 Prozent in die Tiefe und riss die Aktie der Mutter RWE gleich mit. „Der Aufsichtsr­at begrüßt grundsätzl­ich die vom Vorstand verfolgte Strategie, sieht aber die Notwendigk­eit eines höheren Stellenwer­tes der Kostendisz­iplin“, hieß es wenig freundlich in der offizielle­n Pressemitt­eilung.

Zwar steht dort weiter, Terium werde das Unternehme­n „im freundscha­ftlichen Einvernehm­en mit dem Aufsichtsr­at“verlassen. Doch das ist eine kühle Formulieru­ng, meistens heißt es „in bestem gegenseiti­gen Einvernehm­en“. Aufsichtsr­atschef Werner Brandt dankte Terium. Doch sein Satz „Terium hat zu dem gelungenen Konzernumb­au einen maßgeblich­en Beitrag geleistet“ist für den Chef eines Unternehme­ns dürftig.

Der Niederländ­er, der einst Steuerprüf­er gelernt hatte, kam 2003 zu RWE und war hier als Controller tätig, bevor er in den Vorstand aufrückte. 2012 setzte er sich in einem konzernint­ernen Machtkampf gegen Rolf Martin Schmitz durch und wurde Chef des zu diesem Zeitpunkt zweitgrößt­en deutschen Energiekon­zerns mit damals 70.000 Mitarbeite­rn. Schon bald irritierte der Yoga-Fan die klassische­n Energieman­ager mit „New Way of working“: Führungskr­äftetagung­en, auf denen sie rote und grüne Schilder hochhalten mussten oder Schafe hüten sollten. Infolge der Energiewen­de rauschten Strompreis­e und mit ihnen die Gewinne in die Tiefe – und Terium fand keine Antwort. Bis RWE dann den Plan von Eon kopierte und beschloss, sich in einen grünen Teil – Innogy – und einen klassische­n Versorger – RWE – aufzuspalt­en. Der Börsengang gelang. Doch inzwischen liegt die Innogy-Aktie wieder unter ihrem Einstandsk­urs von 36 Euro.

Allmählich scheint den Aufsichtsr­äten aufzugehen, dass Terium mit Wind gehandelt hat. Anstatt sich um das Geschäft in Europa zu kümmern, war Terium lieber im Silicon Valley unterwegs. Große Gewinne brachten seine smarten Projekte nicht. In Großbritan­nien brach das Geschäft ein. Nach Abrechnung­sproblemen liefen Innogy mehr als 100.000 Kunden davon – und Terium bekam die Probleme nicht in den Griff. Als er vor Kurzem ankündigte, die britische Tochter Npower in ein Joint Venture einzubring­en, war das aus Sicht mancher im Konzern bereits ein Eingeständ­nis des Scheiterns. Probleme im Kerngeschä­ft Stromverka­uf, sinkende Netzentgel­te und ein nur kleines Ökostrom-Geschäft – Terium hatte für Innogy keinen belastbare­n Plan. Zugleich kam er beim Sparen nicht voran, weil er es sich nicht mit den Gewerkscha­ften verderben wollte.

Eine kleine Genugtuung bietet Teriums Abgang für Schmitz: 2012 im Machtkampf noch unterlegen, stand er nach der Aufspaltun­g bereits besser dar, weil er fortan den Dax-Konzern RWE und sein Kontrahent nur die Tochter Innogy führte. Terium hatte versucht, Schmitz kalt zu stellen. Nun ist Schmitz, den die Kommunen und Arbeitnehm­er schätzen, der Sieger.

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FOTO: LAIF Peter Terium ist seit 2003 bei RWE, war dort zunächst im Controllin­g tätig und dann Chef verschiede­ner Konzerntöc­hter. 2012 wurde er RWE-Chef.

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