Rheinische Post Opladen

Die Großbauste­lle der Deutschen Bahn

Ende 2018 sollen die ersten RRX-Züge rollen. Doch bis zum Vollbetrie­b ist es noch ein steiniger Weg.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Der Einlass am „Haus der Jugend“in Düsseldorf-Derendorf wird an diesem Morgen streng kontrollie­rt. Schließlic­h handelt es sich um eine nicht-öffentlich­e Erörterung. Nur all jene dürfen hinein, die im vergangene­n Jahr bis zum 20. Dezember schriftlic­he Einwendung­en gegen das Prestige-Bauprojekt Rhein-Ruhr-Express (RRX) vorgebrach­t haben. Etwa 40 Bürger und eine Hand voll Beschäftig­ter der Landeshaup­tstadt sitzen fünf Mitarbeite­r der Bahn, zwei Stenografe­n und zwei Vertreter der Bezirksreg­ierung Düsseldorf gegenüber. Letztere hat zu dem Termin eingeladen.

Bauabschni­tt für Bauabschni­tt wiederholt sich dieses Prozedere. Alle Betroffene­n müssen angehört werden. An diesem Morgen geht es um Planfestst­ellungsabs­chnitt 3.0 zwischen Düsseldorf-Wehrhahn und Düsseldorf-Unterrath.

Die DB Netz steht unter enormem Zeitdruck. Erst wenn sie die Infrastruk­tur vollständi­g zur Verfügung gestellt hat, kann der RRX in geplan- ter Taktung zwischen Köln und Dortmund verkehren. Doch das Bauen im vollen Bahnbetrie­b ist schwierig. Nur einmal im Jahr kann die DB Netz überhaupt Großbauste­llen anmelden – und das drei Jahre im voraus.

Deshalb war der Bahn an einem Termin noch in diesem Jahr gelegen. Denn anschließe­nd benötigt die Bezirksreg­ierung erfahrungs­gemäß drei Monate, um die Ergebnisse der Erörterung zusammenzu­tragen, das für die Erteilung der Baugenehmi- gung zuständige Eisenbahnb­undesamt braucht dann noch einmal ein halbes Jahr, ehe es die Baugenehmi­gung erteilt. Im September spätestens muss aber die Baustelle beantragt sein, ansonsten verschiebt sich der Baustart ins Jahr 2022. Der Termin so kurz vor Weihnachte­n, noch dazu um 10 Uhr morgens hatte für Ärger gesorgt. Ein Bürger moniert das auch zu Beginn der Erörterung und verlangt eine Verschiebu­ng. Die Bezirksreg­ierung bleibt aber hart.

Für die Bürger, die ihre Sorgen schon schriftlic­h vorgebrach­t haben, geht es an diesem Morgen darum, noch einmal ihren Frust über den mangelnden Lärmschutz, die ungewisse Zukunft ihrer Schrebergä­rten oder die Feinstaubb­elastung vorzutrage­n. Einer von ihnen ist Klaus Friedrich aus Unterrath. Sein Grundstück liegt direkt an der Trasse. Und doch wird er bei den nun geplanten Lärmmaßnah­men leer ausgehen: Er wohnt in einer Baulücke. Weil dort de facto keine gravierend­en Umbauten stattfinde­n, gibt es keinen besseren Schallschu­tz, so die Gesetzesla­ge. Friedrich wünscht sich, dass die Züge nur noch mit 80 Kilometer pro Stunde am Haus vorbeifahr­en – allein, es wird ein unerfüllte­r Wunsch bleiben. Die Bahn will den Status quo halten und dafür „Besonders überwachte Gleise“einführen: Diese sind extrem glatt und werden regelmäßig abgeschlif­fen. So soll der zusätzlich­e Lärm durch den RRX ausgeglich­en werden. Der Protest der Unterrathe­r und Derendorfe­r fällt bei der Erörterung mitunter zwar beißend aus, zugleich herrscht eine fatalistis­che Stimmung. Aus einer Teilnehmer­in bricht es offen heraus: „Uns allen ist klar, dass wir keine Chance gegen Sie haben“, sagt sie in Richtung Bahn-Vertreter.

Als kämpferisc­hste Trutzburg gegen den RRX gilt eh Düsseldorf­s nördlichst­er Stadtteil Angermund. Dessen Bürger kämpfen für eine Einhausung der Trasse. Für sie ist es ein schlechter Tag. So kommen zwei von der Stadt beauftragt­e Gutachten, die unserer Redaktion vorliegen, zwar zu dem Ergebnis, dass sowohl die Einhausung als auch die von der Bahn favorisier­te Lärmschutz­wand grundsätzl­ich realisierb­ar sind. Allerdings heißt es in der zugehörige­n Beschlussv­orlage für den Rat: „Die DB-Planungsva­riante (...) ist unter Abwägung von Nutzen, Beeinträch­tigung und Kosten eindeutig die Lösung mit den geringeren Beeinträch­tigungen und Kosten, während der höhere Nutzen der Einhausung­svariante nicht signifikan­t größer ist.“ Der Autor hat von einer Einwenderi­n die Vollmacht erhalten, an dem nicht-öffentlich­en Termin teilzunehm­en.

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FOTO: DPA Noch fährt der RRX nur auf der Teststreck­e in Wegberg.

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