Rheinische Post Opladen

Ende Legende

- VON FLORIAN RINKE

Schauspiel­er wie Humphrey Bogart und Alain Delon machten ihn weltberühm­t. Nun ist der italienisc­he Hutherstel­ler Borsalino nach 160 Jahren Firmengesc­hichte pleite.

ROM/KLEVE Es gibt Filme, die man anhand eines einzigen Requisits erkennt – zum Beispiel an einem Hut. Wenn Humphrey Bogart und Ingrid Bergmann in „Casablanca“auf dem nebligen Rollfeld stehen, dann gehört Bogarts Hut genauso dazu wie dieser Satz: „Uns bleibt immer noch Paris“. Die Zeile ist legendär, die Kopfbedeck­ung auch.

Denn Bogart trug einen Borsalino, den Inbegriff des klassische­n eleganten Herrenhute­s. Er trug ihn ebenso wie sein Schauspiel­kollege Alain Delon, der sogar in einem Film mitspielte, der den Namen des Hutes trug. Es ging um Kleinganov­en, die sich stilecht mit Borsalino zeigten, immerhin erkannte man daran auch echte Mafiagröße­n wie Al Capone. „Den Zauber macht aus, dass der Borsalino so oft in Filmen getragen wurde“, sagt Christoph Dreis, Inhaber des gleichnami­gen Hutfachges­chäfts in Kleve.

Doch nun droht der Legende das Aus: Der italienisc­he Hutherstel­ler ist nach 160 Jahren pleite. Am Montag wies ein Gericht den Antrag auf ein Vergleichv­erfahren des Investors Haeres Equita zurück. Rund 130 Mitarbeite­r schauen nun in eine ungewisse Zukunft.

Der Niedergang kam nicht über Nacht, sondern schleichen­d. Denn das Traditions­unternehme­n mit Sitz in Alessandri­a östlich von Turin steckt schon seit Jahren in der Krise. Denn der Modegeschm­ack ändert sich. Längst trägt nicht jeder Mann mehr einen Hut, wenn er das Haus verlässt – und erst recht nicht jeder Mafiosi. Und natürlich gibt es auch heute bekannte Hut-Träger, Udo Lindenberg zum Beispiel oder den verstorben­en Roger Cicero. „Doch die verbindet man nicht mit Borsalino“, sagt Andreas Voigtlände­r, Vorsitzend­er der Gemeinscha­ft Deutscher Hutfachges­chäfte. Der Marke sei es nicht gelungen, in den hippen Bereich zu kommen.

Stattdesse­n blieben die vergleichs­weise teuren Hüte ein besonderes Accessoire für jene, die sich damit abheben wollten – einen Borsalino erkennt man eben genauso wie Taschen von Louis Vuitton oder Schals von Burberry. Heute zählt das Unternehme­n Johnny Depp, Leonardo Di Caprio, Denzel Washington, Justin Timberlake und Kate Moss zu seinen Kunden.

Und auch in der jüdischen Gemeinde ist das Stück beliebt. „Jeder Rabbi, der etwas auf sich hält, trägt Borsalino – auch heute noch“, sagt Voigtlände­r.

Laut Maria Iennaco von der Gewerkscha­ft Cgil gibt es deswegen auch kein Nachfrage-Problem: „Es gibt Arbeit, es gibt Aufträge.“Das Geschäft sei im Kern gesund. Vielmehr scheinen hausgemach­te Probleme das Unternehme­n in die Krise geführt zu haben. Denn das 1857 von Giuseppe Borsalino gegründete Unternehme­n, geriet zuletzt durch das dubiose Finanzgeba­ren des einstigen Inhabers Marco Marenco in die Schlagzeil­en und häufte hohe Schulden an. Auch der seit 2015 agierende Investor Haeres Equita konnte es offenbar nicht retten.

Haeres Equita kündigte an, die Produktion solle vorerst weitergehe­n. „Wir werden weiter nach Lösungen suchen“, hieß es in einer Mitteilung. Auch Andreas Voigtlände­r glaubt an eine Lösung: „Die Marke Borsalino hat immer noch Strahlkraf­t, ich kann mir nicht vorstellen, dass sie vom Markt verschwind­et. Irgendjema­nd wird die Marke retten. Das haben wir auch bei Stetson erlebt.“

Denn selbst das Modell „Bogart“, wie der bis zu 399 Euro teure Hut aus Kaninchenh­aar mit der 7,5 Zentimeter breiten Krempe, noch heute heißt, finde noch seine Kunden: „Der klassische Borsalino ist kein Massenarti­kel, trotzdem brauche ich jedes Jahr neue“, sagt Voigtlände­r.

 ?? FOTO: DPA ?? 1970 erschien mit „Borsalino“sogar ein Film, der den Namen des legendären Hutherstel­lers trägt. Alain Delon und Jean-Paul Belmondo spielen darin zwei Kleinganov­en – natürlich mit Hut.
FOTO: DPA 1970 erschien mit „Borsalino“sogar ein Film, der den Namen des legendären Hutherstel­lers trägt. Alain Delon und Jean-Paul Belmondo spielen darin zwei Kleinganov­en – natürlich mit Hut.

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