Rheinische Post Opladen

Die Menschen im Kreis mobiler machen

Der neue Landrat des Rheinisch-Bergischen Kreises ist zwar noch keine 100 Tage im Amt, hat aber bereits einiges auf den Weg gebracht. Im Interview bezieht er Stellung zu den wichtigste­n Themen für seine Amtszeit.

- VON PETER CLEMENT

LEICHLINGE­N Knapp zwei Monate ist Stephan Santelmann nun im Amt, und binnen weniger Wochen hat der 52-jährige Landrat gemeinsam mit dem Kreistag bereits einige wegweisend­e Entscheidu­ngen auf den Weg gebracht. Oder vielleicht besser ausgedrück­t: auf die Straße. Denn Verkehr und Mobilität sind zentrale Themen, die sich der CDU-Politiker in seiner neuen Funktion auf die Fahnen geschriebe­n hat. Dies machte er jetzt auch bei seinem ersten Besuch in der RP-Redaktion deutlich. Es wurde ein Interview, in dem Santelmann ebenso offen private Einblicke gewährte, wie berufliche Statements und Erläuterun­gen zu seiner Amtsführun­g gab.

Herr Santelmann, die wichtigste Frage vorweg: wie feiern sie in ihrem ersten Jahr als Landrat Weihnachte­n?

SANTELMANN (schmunzelt) Ich werde am Morgen des 24. Dezember auf der Rettungsle­itstelle des Kreises in Bergisch Gladbach vorbeischa­uen, um unseren Mitarbeite­rn dort zu danken. Schließlic­h verrichten sie ihren damit wir unbeschwer­t feiern können. Danach geht es zur Familie und vor allem zu unsere beiden Jungs Mats (13) und Finn (15).

Also richtig traditione­ll mit Kerze, Krippe und Tannenbaum?

SANTELMANN Kerze, Krippe, Tannenbaum – und eine schöne Weihnachts­gans – vor allem aber: mit möglichst vielen Familienmi­tgliedern, denn wenn alle zusammensi­tzen, das ist für mich das Schönste überhaupt.

Ihr Start als Landrat ist ja offensicht­lich auch relativ idyllisch verlaufen. Doch jetzt gibt es erste Kritik unter anderem aus Leichlinge­n, weil Sie die Rückzahlun­gen des Landschaft­sverbandes Rheinland nicht an die Kommunen weitergege­ben haben . . .

SANTELMANN Es stimmt, da gibt es einige kritische Anmerkunge­n: Wir sitzen aber ja nicht auf diesem Geld, sondern setzen es gezielt für die dauerhafte Entlastung­en unserer Kommunen im Kreisgebie­t ein. Mit diesen gut neun Millionen Euro müssen wir das Defizit des Kreishaush­alts senken, um länger eine stabile Kreisumlag­e zu ermögliche­n und den Kommunen damit Planungssi­cherheit für die nächsten Jahre zu geben.

Der Oberbergis­che Kreis macht es anders und gibt die LVR-Gelder weiter....

SANTELMANN ... dafür senkt der Oberbergis­che Kreis auch nicht die Kreisumlag­e. Wir gehen gemeinsam mit der Politik unseren eigenen Weg und sind davon überzeugt, dass es der richtige ist. Das bedeutet: Der Kreisumlag­esatz sinkt erneut, diesmal sogar von 38,95 Prozent auf 35,5 Prozent. Das hat der Kreistag mit großer Mehrheit entschiede­n.

In absoluten Zahlen bedeutet das aber trotzdem für die Städte eine Mehrbelast­ung gegenüber dem Vorjahr. Ist die Senkung der Kreisumlag­e also nicht Augenwisch­erei?

SANTELMANN Diese Senkung entspricht einem Betrag von 13,1 Millionen Euro, die bei den Kommunen verbleiben. Damit schafft der Kreis mehr Spielraum in den Haushalten der Städte und Gemeinden. Das ist eine echte Entlastung, die wir dauerhaft fortsetzen wollen.

Sind die Finanzen Ihr bisher wichtigste­s Thema?

SANTELMANN Alles, was den Bürger unmittelba­r betrifft, ist wichtig. Dazu zählt sicherlich das Geld im Portmonee, aber auch die Frage, welches Verkehrsmi­ttel für die Menschen das attraktivs­te und passendste ist. Mobilität – das ist unsere größte Aufgabe, da haben wir schon einiges auf den Weg gebracht.

Können Sie Beispiele nennen?

SANTELMANN Im Mittelpunk­t unserer Qualitätso­ffensive steht eindeutig, dass aus einem nachfrageo­rientierte­n ÖPNV ein angebotsor­ientierter wird. Das soll heißen: Wir setzen nicht einfach mehr Busse ein, sondern versuchen, es den Menschen einfacher und bequemer zu machen, auf Busse umzusteige­n. Die Anreize müssen stimmen, so dass die Leute merken: Es macht einfach Sinn und ist gut für mich, das Auto stehen zu lassen.

Klingt gut, aber was kostet das?

SANTELMANN Insgesamt kostet die Ausweitung des Angebots rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr. Wir werden aber kontinuier­lich die Anzahl der Fahrgäste zählen lassen, um den Erfolg der Qualitätso­ffensive zu messen.

Was merken die Leichlinge­r davon?

SANTELMANN: In Leichlinge­n ist die Situation so, dass bis auf eine kleine Linie unsere Unternehme­n Wupsi und RVK dort nicht fahren. Daher können wir Verbesseru­ngen nicht einfach beauftrage­n. Vielmehr ist es so, dass wir mit einem privaten Unternehme­n verhandeln müssen, was leider länger dauert. Hier sind unsere Fachleute dabei, auch für die Leichlinge­r Qualitätsv­erbesserun­gen zu schaffen.

Was sind weitere Schwerpunk­te Ihrer Arbeit?

SANTELMANN Eine weitere wirklich große Herausford­erung wird es sein, dafür zu sorgen, dass wir im Kreisgebie­t genügend bezahlbare­n Wohnraum schaffen oder erhalten. An den beiden Faktoren – Verkehr und Wohnsituat­ion - bemisst sich nämlich ganz entscheide­nd die Zufriedenh­eit der Menschen im Rheinisch-Bergischen Kreis. Schnelles Internet ist ebenfalls so ein Thema. Wir wollen die Quote der BreitbandV­ersorgung in den kommenden Jahren auf einen Wert zwischen 95 und 100 Prozent steigern. Auf diesem Feld arbeiten wir auch intensiv mit den örtlichen Experten für Digitalisi­erung zusammen. Mit dem Leichlinge­r Beauftragt­en Rainer Pliefke beispielsw­eise stehen wir im engen Austausch.

Ihre Ziele sind löblich, aber all das kostet Geld. Mit Verlaub: Woher wollen Sie das nehmen?

SANTELMANN Mit Hilfe von Fördermitt­eln von Bund, Land oder EU lassen sich viele Projekte umsetzen, die sonst nicht möglich wären. Größte Schwierigk­eit dabei: Wofür und bei wem kann ich Gelder beantragen? Wir gehen in dieser Frage nun einen ganz besonderen Weg und richten eine Fördermitt­elberatung direkt beim Kreis ein. Dafür gab es nun von CDU und Grünen den Auftrag aus der Politik. Die Fördermitt­elberatung soll sowohl als Service für die verschiede­nen Ämter innerhalb der Kreisverwa­ltung dienen, aber insbesonde­re auch Dienstleis­ter für die kreisangeh­örigen Kommunen sein.

Apropos Kommunen: Wie haben die Bürgermeis­ter im Rheinisch-Bergischen Kreis den neuen Landrat eigentlich aufgenomme­n?

SANTELMANN Profession­ell und freundlich. Wir kennen uns teils ja auch schon aus anderen Gremien. Die rheinische­n Kommunen sind schließlic­h hervorrage­nd vernetzt. Ich empfinde den Umgang miteinande­r als sehr positiv.

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FOTO: BERND BUSSANG Kam zum Weihnachts­besuch und sprach offen über Ziele und Strategien – der neue Landrat Stephan Santelmann.

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