Die Revolution der Menschenliebe
Die Kirchen kritisieren in ihren Weihnachtsbotschaften Fremdenhass und rufen zu Frieden auf.
BERLIN (dpa/epd) Die deutschen Bischöfe haben zu Weihnachten zu mehr Zusammenhalt aufgerufen, Fremdenfeindlichkeit angeprangert und die Menschen zu Gottvertrauen in schwierigen Zeiten ermuntert. Der katholische Kölner Kardinal Rainer Woelki übte scharfe Kritik an Immobilienspekulanten und Vermietern; er verlangte mehr bezahlbaren Wohnraum. Die frühere evangelische Landesbischöfin Margot Käßmann beklagte den Kommerz und die Inhaltsleere des Weihnachtsfestes bei vielen Menschen.
„Mehr und mehr Menschen können sich Wohnen in unserem an sich wohlhabenden Land nicht mehr leisten, weil Wohnungen nicht selten ausschließlich zu Renditeobjekten geworden sind, und so preiswerter, bezahlbarer Wohnraum fehlt“, kritisierte der Katholik Woelki in seiner Weihnachtspredigt im Kölner Dom. „Das ist zynisch, im letzten sogar menschenverachtend! Wie soll denn ein Gemeinwesen wie eine Stadt funktionieren, wenn sich Durchschnittsverdiener wie eine Krankenschwester, wie der Mann von der Müllabfuhr, der Busfahrer oder der Polizist , Wohnen’ nicht mehr leisten können?“
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, sagte in seiner Weihnachtspredigt in München, das christliche Hochfest gebe eine Antwort auf die Frage, was diese Gesellschaft zusammenhalte. „Wenn ich glaube, dass Gott in Jesus der Bruder aller geworden ist, stärkt das meine Verbundenheit und Offenheit, meine Bereitschaft zur Solidarität und zum Miteinander.“
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, sieht in der Weihnachtsfreude ein wirksames Mittel auch gegen Fremdenfeindlichkeit. In seiner Weihnachtsbotschaft sagte er: „Gott wird Mensch. Er wird nicht zuerst Deutscher, Amerikaner, Russe oder Chinese. Die Weihnachtsfreude in so vielen Ländern der Erde, die von dieser Revolution der Menschenliebe zeugt, ist die stärkste Medizin gegen den Virus des Nationalismus, der Fremdenfeindlichkeit und des religiösen Fanatismus, mit dem wir es gegenwärtig zu tun haben.“
Der katholische Bischof Gebhard Fürst forderte die Einführung eines Antisemitismusbeauftragten des Bundes. Bei der Weihnachtsmesse im Rottenburger Dom warnte er vor „wachsenden Ressentiments gegenüber jüdischen Mitbürgern“. Diese seien auch unter den nach Deutschland geflohenen Migranten zu finden. „Wir müssen diese Entwicklung genau im Blick haben und einschreiten, bevor die Würde von Menschen verletzt wird und ihr Leben vielleicht sogar in Gefahr gerät“, mahnte der Bischof.
Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, betonte in seiner Botschaft: „Das Christfest heißt: Unsere Welt ist kein gottverlassener Ort. Gott lässt uns nicht allein.“
Papst Franziskus rief die Konfliktparteien im Nahen Osten auf, neue Friedensverhandlungen aufzunehmen. Israelis und Palästinenser müssten sich mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft auf eine Lösung einigen, die „innerhalb von miteinander vereinbarten und international anerkannten Grenzen eine friedliche Koexistenz zweier Staaten ermöglicht“, betonte der Papst. Vor Zehntausenden Gläubigen spendete er auf dem Petersplatz in Rom den traditionellen Segen „Urbi et orbi“.