Rheinische Post Opladen

Heilfroh, stundenlan­ge Debatten los zu sein

Der CDU-Politiker spricht über seinen Parlaments-Ruhestand, seine Aufgabe für die Landesregi­erung – und was ihm für 2018 am Herzen liegt.

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Dieses Jahr war Ihr letztes als Bundestags­abgeordnet­er. Angesichts der aktuellen Hängeparti­e zur Bildung einer Regierung: Sind Sie froh, dies nicht mehr mitmachen zu müssen?

BOSBACH Einerseits vermisse ich die politisch-parlamenta­rische Arbeit, also das stetige Ringen um die richtigen Entscheidu­ngen für eine gute Zukunft unseres Landes. Anderersei­ts bin ich heilfroh, nicht mehr an stundenlan­gen Debatten teilnehmen zu müssen, an deren Ende doch nix vernünftig­es herauskomm­t. Davon gab und gibt es viel zu viele. Am meisten vermisse ich die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r in meinem MdB-Büro. Das war eine tolle Truppe.

Ihr ehemaliger SPD-Bundestags­kollege Karl Lauterbach bringt sich the- matisch als möglicher Gesundheit­sminister in Stellung und setzt vor allem auf die Bürgervers­icherung als einem Knackpunkt in den Koalitions­gesprächen. Wie stehen Sie dazu?

BOSBACH Die beste Methode, kein Ministeram­t zu bekommen, besteht darin, sich selber öffentlich dafür zu bewerben. Mit Karl Lauterbach verstehe ich mich gut, aber beim Thema Bürgervers­icherung werden wir uns nicht einigen. Das beste daran ist der Name. Viele glauben, das wäre das Ende einer Zweiklasse­nmedizin. Richtig ist das Gegenteil – dann würden wir diese sofort bekommen. Das ist ja auch der Grund, warum die Ärzteschaf­t sie strikt ablehnt.

Ihre neue Aufgabe für die CDU-Landesregi­erung als Chef einer Kommis- sion zur Neuaufstel­lung der Inneren Sicherheit in NRW wird von vielen Menschen als enorm wichtig angesehen – eben weil immer mehr das Gefühl haben, an bestimmten Orten nicht mehr sicher zu sein . . .

BOSBACH . . . und an vielen Orten ist dieses Gefühl sogar berechtigt! Leider! Nach Anschlägen odor vereitelte­n Anschlagsv­ersuchen sagen wir immer wieder: „Wir dürfen unser Leben nicht verändern, sonst hat der Terror gewonnen!“Aber wenn wir Weihnachts­märkte in Hochsicher­heitszonen verwandeln, haben wir unser Leben dann nicht schon längst verändert?

Sie haben über 23 Jahre hinweg ihren Bundestags­wahlkreis immer direkt gewonnen – können Sie sich an ihren härtesten Konkurrent­en erinnern?

BOSBACH Das war Christian Lindner: blitzgesch­eit, ein begnadeter Redner und extrem ehrgeizig.

Was ist Ihrer Auffassung nach die wichtigste Aufgabe in Deutschlan­d im kommenden Jahr?

BOSBACH Drei Punkte halte ich für besonders wichtig in Zeiten des Übergangs von der Industrie- zur Wissensges­ellschafts­chaft: Bildung, Bildung, Bildung. Entschloss­ener Kampf gegen jede Form von Gewalt, Extremismu­s und Fanatismus – und nicht zuletzt dürfen wir nicht den engen Zusammenha­ng zwischen wirtschaft­licher und sozialer Leistungsf­ähigkeit verlieren. Alles, was der Staat ausgibt, muss zunächst im Staat erarbeitet werden.

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FOTO: SIMON Die parlamenta­rische Arbeit vermisst er, die stundenlan­gen Debatten nicht – Wolfgang Bosbach ist im Teilzeit-Ruhestand.

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