Rheinische Post Opladen

Fortissimo ins neue Jahr

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wechsel an seinem Cello inmitten eines semiprofes­sionellen Orchesters hat für ihn Vorrang. Familie und Freunde hören zu, und anschließe­nd wird zusammen ins neue Jahr gefeiert. Nicht zu lang und mit maßvollem Alkoholkon­sum, denn am nächsten Mittag muss er wieder mit voller Aufmerksam­keit dabei sein. „Das macht schon großen Spaß“, versichert er. Und er weiß den Wert dieses Ensembles zu schätzen. Wo sonst hätte er als Laie die Möglichkei­t, mit namhaften Solisten aufzutrete­n und bedeutende Werke wie eine Mahler-Sinfonie auf beachtlich­em Niveau mit aufführen zu können?

Die Leistungsf­ähigkeit des Ensembles ist der Tatsache zu verdanken, dass ein erhebliche­r Anteil studierter Profi-Musiker in allen Stimmen sitzt, die den Rest zum Üben motivieren und sie mitziehen. Neben Musiklehre­rn und ausgebilde­ten russischen Aussiedler­n sind es auch noch jene, die Bayer vor Jahren als arbeitslos­e Musiker in eine Zweitausbi­ldung übernommen hat. Außerdem leistet man sich sowohl einen guten Dirigenten, das ist seit sechs Jahren Bernhard Steiner, sowie einen profession­ellen Konzertmei­ster (Martin Haunhorst). Beide müssen aus eigenem Etat bezahlt werden, seit die Bayer-Philharmon­iker nicht mehr wie früher als „Werkensemb­le“, sondern als eingetrage­ner Verein geführt werden.

Der Konzern, als dessen Marketingb­otschafter sich das Orchester auch versteht, gibt immer noch einen ordentlich­en Zuschuss, betont Fischer. Allerdings nicht über die Maßen, so dass man gut wirtschaft­en müsse. Schließlic­h fallen weitere Kosten an für Konzerte in Eigenregie, für Konzertkle­idung (den Frack bekommen alle Mitglieder gestellt) oder für die Instandhal­tung der Instrument­e, die Bayer in fetten Jahren angeschaff­t hat.

Damals spielten vorwiegend Werksangeh­örige im Orchester, die gleich nach der Arbeit zur Probe gingen. Da konnten sie ihr Instrument schlecht dabei haben, schon gar nicht auf dem Fahrrad. Und so nutzen die meisten noch heute die Bayer-Instrument­e, die im Erholungsh­aus lagern, wo die Proben stattfinde­n. Zwei Mal pro Woche übrigens, am Montag und am Mittwoch. Und dazu sollte man die Stücke bereits vorbereite­t haben. Er übe inzwischen fleißig und freut sich, dass es bei den Kollegen auffällt, sagt Konrad Fischer, der seit einem Jahr in Vorruhesta­nd ist. Früher als leitender Angestellt­er im Management bei Bayer habe er sich auch schon mal „durchpfusc­hen“müssen, wenn die Zeit knapp war.

In der Woche nach Weihnachte­n ist keine Zeit zum Ausruhen, sondern besonders viel los. Morgen gibt es eine lange Generalpro­be für das Silvesterk­onzert. Und am Neujahrsta­g gibt es eine weitere Anspielpro­be, weil man zwar dasselbe Programm, aber in einem anderen Raum spielt. Eine Stunde vor Konzertbeg­inn muss die Bühne schon wieder geräumt werden, weil der Einlass beginnt.

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FOTO: RALPH MATZERATH Geprobt wird in Alltagskle­idung – zum Konzert schlüpfen die Musiker dann in schwarze Fräcke und Co.

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