Rheinische Post Opladen

Der erste virtuelle Profi der Werkself

Marvin Hintz vertritt an der Playstatio­n die Farben von Bayer 04. Der Verein betritt mit der Verpflicht­ung des 21-Jährigen das Neuland des „elektronis­chen Sports“– und sieht in dem jungen Leverkusen­er einen Markenbots­chafter.

- VON DORIAN AUDERSCH

LEVERKUSEN Wenn Marvin Hintz zum Controller greift, ist das weit mehr als ein Zeitvertre­ib. Es ist seine Profession. Der Leverkusen­er ist leidenscha­ftlicher Gamer – vor allem, wenn es um die Fifa-Reihe geht. Im Jahresrhyt­hmus veröffentl­icht der US-amerikanis­che Computersp­ielegigant Electronic Arts den neusten Teil der Fußballsim­ulation und zieht damit weltweit Millionen Spieler in seinen Bann. An Heiligaben­d dürfte Fifa 18 unter unzähligen Weihnachts­bäumen gelegen haben. Hintz besitzt das Spiel freilich bereits seit seiner Veröffentl­ichung im Herbst.

Vor ein paar Wochen ist aus seinem Hobby ein „guter Nebenjob“geworden, wie es der Student beschreibt. Bayer 04 hat ihn unter Vertrag genommen und bezahlt ihn fürs Toreschieß­en bei großen nationalen und internatio­nalen Turnieren. „Das ist wohl das zweitbeste, was einem passieren kann – abgesehen davon, ein Profi auf dem echten Rasen zu werden“, sagt der 21-Jährige.

Sein Spielfeld existiert indes nur auf Festplatte­n und hochauflös­enden Displays. Dennoch geht er seine Karriere sehr profession­ell an. Zwei bis drei Stunden trainiere er täglich, erzählt Hintz, der unter dem Pseudonym „M4RV“auf Torejagd geht und dabei unter anderem vier Mal deutscher Vizemeiste­r sowie Zweiter in der „Virtuellen Bundesliga“wurde.

„Angefangen hat es damit, dass ich regelmäßig gegen Freunde gespielt habe“, erinnert sich der Leverkusen­er, der seit seiner Kindheit glühender Anhänger der Werkself ist und nur wenige Minuten von der BayArena entfernt wohnt. Bei Heimspiele­n ist er für gewöhnlich in der Nordkurve zu finden. Weil er in Fifa immer besser geworden sei, habe er sich 2012 bei einem regionalen Turnier angemeldet – und sich prompt als Neuling bewiesen. „Ich habe mir schnell einen Namen gemacht“, sagt Hintz, der im Zuge seiner virtuellen Karriere inzwischen einen Berater hat, der den letztlich entscheide­nden Kontakt zu Bayer 04 herstellte. Wie im echten Fußball.

Mit der stetig wachsenden Szene elektronis­cher Sportler steigt auch die öffentlich­e Aufmerksam­keit. Seit Jahren erfreut sich der virtuelle Wettkampf in Computersp­ielen steigender Beliebthei­t. „E-Sport“nennt sich das Phänomen, das Millionen Menschen weltweit begeistert und teils im Fernsehen übertragen wird. Bekannte Titel sind neben der Fifa-Reihe „League of Legends“, „Counter Strike“oder „Starcraft 2“. Nicht umsonst ist die Gamescom in Köln eine der größten Messen des Jahres – und die Nabelschau der Branche.

Für Bayer 04 war es wichtig, einen Fifa-Spieler unter Vertrag zu nehmen. Dass es sich dabei um einen Leverkusen­er und Fan der Werkself handele, sei geradezu ein Glücksfall, sagt Jochen Rotthaus, Direktor für Marketing und Kommunikat­ion des Fußball-Bundesligi­sten: „Wir wollten mit unserem Engagement in der virtuellen Welt so nah wie möglich an unserem Kernproduk­t Fußball bleiben und können durch einen authentisc­hen und sympathisc­hen Botschafte­r wie Marvin eine junge Zielgruppe ansprechen.“Der Verein baue seine Reichweite aus, stärke seine Marke und gewinne womöglich neue Fans.

Hintz bleibt vorerst der einzige virtuelle Profi der Werkself, obwohl immer wieder etwaige Angebote auf Rotthaus’ Schreibtis­ch landen. „Er vereint unsere wichtigste­n Anforderun­gen: Er ist ein absoluter Topspieler und leidenscha­ftlicher Fan von Bayer 04“, schwärmt der Marketingc­hef. Auch der Student des Sportmanag­ements ist begeistert: „Das ist wie ein Film, der gerade abläuft. Ein wahrgeword­ener Traum“, sagt er.

Seinen ersten großen Auftritt als Bayer-Profi hat Hintz vom 26. bis 28. Januar in Barcelona. Dabei handelt es um ein Qualifikat­ionsturnie­r für die Weltmeiste­rschaften, die im August angesetzt sind. In die Play-offs will der Leverkusen­er mindestens einziehen. Einen Spieler der Werkself hat er aber nicht in seinem FifaTeam, mit dem er in die Turniere geht. Da braucht es eher Weltstars wie Cristiano Ronaldo, Lionel Messi, Jérôme Boateng oder Neymar. „Wenn jeder die Weltklasse-Spieler nimmt, weil sie die besten Werte haben, muss man mitziehen. Ansonsten hat man kaum eine Chance.“

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FOTO: BAYER 04 Am Controller immer alles im Griff: Der Leverkusen­er Marvin Hintz ist einer der besten Fifa-Spieler Deutschlan­ds.

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