Rheinische Post Opladen

Ein Zeitmesser mit Erinnerung­swert

Erich Schneiders Stoppuhr kommt selten zum Einsatz. Für den TSVTrainer ist sie aus anderem Grund wertvoll: Sie gehörte seinem Mentor.

- VON TOBIAS BRÜCKER

LEVERKUSEN Während ein Großteil der Menschen Anfang dieser Woche das Fest der Liebe feierte und sich für zwei, drei Tage vollkommen der Entschleun­igung hingab, kann Leichtathl­etiktraine­r Eric Schneider auf sein ganz eigenes, persönlich­es Utensil blicken, das die Zeit – zumindest für ihn selbst – stillstehe­n lässt.

Seine Stoppuhr, die ausschließ­lich zu besonderen Gelegenhei­ten aus dem Schrank geholt wird, hat bereits einige Jahre auf den Tasten. Und sie ist eben nicht nur eine schlichte Stoppuhr, wie sie ein Jedermann im Einzelhand­el erwerben kann. Die Uhr ist mehr als das. Klar, sie hat die Besonderhe­it, dass bei Bedarf ein handlicher, externer Drucker angeschlos­sen werden kann, um die gemessenen Werte auszudruck­en. Aber die Stoppuhr versinnbil­dlicht für Schneider vor allem den Mentor des heute 40-Jährigen.

„Seine Erfahrung, die Tipps, die er mir gab – all das verkörpert dieser Gegenstand“, erzählt Eric Schneider. Der TSV-Trainer sitzt an seinem kleinen Schreibtis­ch, vor einem Computer, in einem der Büros der Leichtathl­etikhalle auf der Fritz-Jacobi-Anlage in Manfort. Und er wendet und dreht ein bisschen gedankenve­rsunken das kleine Zeitmessge­rät. „Während des Trainings denke ich heute noch an ihn zurück. Und frage mich, wie er wohl gewisse Dinge an meiner Stelle getan hätte“, erzählt Eric Schneider.

Er, das ist Manfred Fink. Viele Jahre lang war er Jugendkoor­dinator, gilt in den Reihen des TSV Bayer 04 ob seines langen Engagement­s als Urgestein. 40 Jahre lang führte er das Amt aus, ehe er sich vor einiger Zeit zur Ruhe setzte. So arbeitete Fink zu dem Zeitpunkt, da Schneider 1992 als Sprinter nach Leverkusen wechselte, bereits fast schon eine Ewigkeit für den Verein. Ungefähr sechs Jahre später taten sich die Beiden zusammen. Das Team Schneider/Fink versuchte in enger Zusammenar­beit, die weibliche Mehrkampfj­ugend so vorzuberei­ten, dass sich die jungen Athleten auch im Seniorenbe­reich weiterhin in der Weltspitze behaupten konnten.

Eric Schneider trainiert eben jene Jugend noch heute, übernahm das Amt 2005 komplett. „Es ist einfach mein Beruf und meine Berufung“, betont er. So verbringt der 40-Jährige nahezu jeden Tag in der Halle an der Kalkstraße.

Die Uhr, die er einst von Mentor Fink geschenkt bekam, verlässt diese nie. Sie ist eingeschlo­ssen. „Und ich gebe sie auch nicht heraus“, erzählt der 40-Jährige lächelnd. Es ist gang und gäbe, dass Trainer ihre Uhren in der Leichtathl­etik an den Nachfolger, Kollegen und zumeist enge Freunde weitergebe­n. Sie wissen um die emotionale Bedeutung.

Nachdem die Stoppuhr in den 1980er-Jahren oftmals zum Einsatz kam, ist sie nun nicht mehr häufig im Einsatz. Fünf- bis sechsmal im Jahr, berichtet Schneider, werde sie genutzt. „Heute geht das ja alles elektronis­ch. So hat die Uhr halt ein bisschen an Zweck verloren – nicht aber an Wert“, schiebt er betonend hinterher.

Während des Laktattest­s wird sie aber noch verwendet. Oder wenn die Zeiten auf den Metern zwischen den einzelnen Hürdensprü­ngen gestoppt werden müssen. Eric Schneider schaut auf die Uhr in seiner Hand hinunter. „Dann muss ich das nicht alles aufschreib­en“, sagt der Leichtathl­etik-Trainer lächelnd.

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